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Das vierte Gebot handelt vom heiligen Sabbat, dass er in frommer und gottgefälliger Weise gefeiert werde. Diesen (7. Tag) feiern einige Staaten einmal im Monat (In Griechenland war der 7. Tag jedes (Mond)-Monats dem Gotte Apollon geweiht (Hesiod, Werke und Tage v. 770. Schol. Aristoph. Plut. 1126), an manchen Orten wurde er als Festtag gefeiert durch Darbringung von Opfern, z. B. in Sparta (Herodot VI 57).), indem sie vom Neumond (Für της κατά θεον νουμηνίας ist nach Cohns Vermutung της κατά σελήνην νουμηνίας (vom Anfang des Mond-Monats) zu lesen. (Die Vermutung ist später durch den Vatikanischen Palimpsest bestätigt worden).) ab zählen, das Volk der Juden aber regelmässig immer nach sechs Tagen. Einen gewichtigen Grund dafür bringt die Schöpfungsgeschichte: dort heisst es, in sechs Tagen sei die Welt geschaffen worden, und am siebenten Tage habe Gott nach Beendigung des Schöpfungswerkes angefangen das schön Geschaffene zu betrachten. Er befahl daher denen, die in diesem Staatswesen leben sollten, wie in anderen Dingen so auch hierin Gott zu folgen, also sechs Tage lang sich den Geschäften zuzuwenden, am siebenten aber zu ruhen, sich mit Philosophie und mit Betrachtung der Dinge der Natur zu beschäftigen, insbesondere auch sich zu prüfen, ob sie nicht an den vorangegangenen Tagen Unlauteres getan, und sich selbst Rechenschaft zu geben von dem, was sie gesprochen und getan, vor dem Richterstuhl der Seele, wobei das Gesetz mitzuwirken und mitzuprüfen hätte, um das, was verfehlt worden, wieder gut zu machen und neue Verfehlungen zu verhüten. Nur hat Gott zur Vollendung der Welt nur einmal sechs Tage gebraucht, wiewohl er eigentlich eines Zeitraums dazu nicht bedurfte; der Mensch dagegen, der ja von sterblicher Natur ist und so vieler Dinge bedarf zur Befriedigung der Notdurft des Lebens, darf bis an sein Lebensende zu keiner Zeit säumen, sich das Notwendige zum Leben zu verschaffen, er muss aber auch an den heiligen Sabbaten ausruhen. Ist das nun nicht eine treffliche und zu jeder Tugend und ganz besonders zur Frömmigkeit anzutreiben geeignete Lehre? denn er (der Gesetzgeber) sagt damit: „folge stets Gott, er sei dir ein gutes Vorbild dafür, dass du dir eine Zeit bestimmst zu Geschäften, einen Zeitraum von sechs Tagen, in welchem Gott die Welt erschuf; und Vorbild dafür, dass du auch philosophieren sollst, sei dir jener siebente Tag, an dem er, wie es heisst, überschaute, was er geschaffen, auf dass auch du die Werke der Natur betrachtest und dein eigenes Streben, das auf Glückseligkeit hinzielt". Solches Urbild der beiden besten Lebensrichtungen, der praktischen wie der theoretischen, wollen wir nicht unbeachtet lassen, sondern allezeit darauf blicken und seine klaren Abbilder und Formen unserem Geiste einprägen, da wir so unsere sterbliche Natur soweit als möglich der unsterblichen ähnlich machen im Reden und Tun dessen, was man soll. Wie es aber zu verstehen ist, dass die Welt in sechs Tagen von Gott geschaffen wurde, der doch der Zeit zu seinem Wirken gar nicht bedarf, das ist an anderer Stelle allegorisch erklärt worden (Vgl. Über die Weltschöpfung § 13 ff.).
