19.
Es gibt auch Menschen, die gar nicht aus Gewinnsucht, sondern nur aus schlechter Gewohnheit allzuviel und ohne Überlegung bei jeder beliebigen Gelegenheit schwören, auch wenn gar nichts bestritten wird, indem sie die leeren Behauptungen in ihrer Rede (Für die verderbten Worte τά μέν αυτών έν τω λόγω ist wohl τά κενά των έν τω λόγω zu lesen. [L. C]) noch mit Eiden bekräftigen wollen, als ob es nicht besser wäre den Redeschwall zu kürzen oder noch besser gänzlich zu schweigen; denn aus vielem Schwören entsteht Falschschwören und gottloses Tun (Gemäss der Doppeldeutung, die der in der Bibel gebrauchte und zweierlei Auffassung zulassende Ausdruck aWXl auch im Talmud erfährt, wie Tract. Temura f. 3 b zu lesen.). Deshalb soll auch einer, der schwören will, alles sorgfältig und gar peinlich geprüft haben, die Sache, ob sie gar so wichtig ist, ob sie wirklich geschehen ist und ob er das Geschehene genau wahrgenommen, sich selbst, ob er rein an Seele, Leib und Zunge ist, ob die Seele rein von gesetzwidrigem Tun, der Leib rein von Befleckungen, die Zunge rein von lästerlicher Rede; denn sündhaft wäre es, wenn durch den Mund, mit dem einer den heiligsten Namen ausspricht, auch irgend welche hässliche Reden gingen. Weiter suche er dazu auch einen geeigneten Ort und die geeignete Zeit; denn ich weiss ganz gut, dass manche an profanen und unreinen Orten, wo man nicht des Vaters oder der Mutter oder auch nur eines fremden alten Mannes, der rechtschaffen gelebt hat, gedenken dürfte, Schwur auf Schwur häufen und ganze Reden, die aus lauter Eiden bestehen, aneinanderreihen und dabei den vielgestaltigen Namen Gottes an unpassendster Stelle in frevelhafter Weise missbrauchen. Wer nun das Gesagte missachtet, soll erstens wissen, dass er verrucht und unrein ist, dann dass stets die schwersten Strafen seiner warten, indem die zur Aufsicht über die Handlungen der Menschen gesetzte Gerechtigkeit unbeugsam und unerbittlich so grosse Vergehen verfolgt und, wenn sie nicht augenblicklich zu strafen für gut findet, unter schweren Bedingungen die Strafe gleichsam auf Borg zu geben scheint, die sie aber dann, wenn es Zeit ist, zum allgemeinen Nutzen einfordert.
