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1. Gar fein war jedenfalls die Antwort jenes Mannes auf die Frage, wie es bei ihm hinsichtlich der Liebesfreuden stehe; „Still davon, mein Freund! Ist es mir doch sehr lieb, daß ich ihnen wie einem rasenden und wilden Herrn entronnen bin.“1
2. Doch die Ehe soll zugelassen und in unsere Lebensordnung aufgenommen sein. Denn der Herr will, daß die Menschheit „sich vermehre“;2 aber er sagt nicht „seid ausschweifend“, und er hat auch nicht gewollt, daß man sich den Lüsten hingibt, als wäre man nur für den Geschlechtsverkehr geschaffen worden. Mit Schamgefühl erfülle uns der Erzieher, der durch Ezechiel ruft: „Laßt euch in eurem unzüchtigen Sinn beschneiden!“3 Auch die unvernünftigen Tiere haben ihre bestimmte Zeit, die für die Begattung geeignet ist.
3. Wenn man aber geschlechtlich verkehrt, ohne Kinder erzeugen zu wollen, so heißt das gegen die Natur freveln; sie müssen wir uns aber zur Lehrerin nehmen und darauf achten, wie sie uns die weisen Lehren über die rechte Zeit vor Augen führt, ich meine das Greisenalter und das kindliche Lebensalter; denn den einen hat es die Natur noch nicht gestattet zu heiraten, bei den anderen will sie es nicht mehr; jedenfalls will sie nicht, daß man zu jeder Zeit heiratet. Ehe ist aber das Verlangen darnach, Kinder zu erzeugen, nicht die ungeordnete Vergeudung des Samens, die ebenso sehr gegen das Gesetz wie gegen die Vernunft ist.
