153.
1. Nun ist das, was in unserer Macht steht, dasjenige, worüber wir ebensosehr Herren sind wie über sein Gegenteil, wie z.B. daß wir Philosophie treiben oder nicht, oder daß wir glauben oder ungläubig sind. Denn deswegen, weil wir über jede der beiden entgegengesetzten Möglichkeiten in gleicher Weise Herren sind, erweist sich unser Recht freier Verfügung als etwas Mächtiges.
2. Und so ist es in der Tat möglich, daß die Gebote von uns befolgt werden oder nicht befolgt werden, und deshalb folgt solchem Handeln mit Recht Lob und Tadel. Und diejenigen, die wegen der von ihnen begangenen Sünden bestraft werden, die werden ihrer selbst wegen bestraft.1 Denn die Verfehlungen, die einmal geschehen sind, gehören der Vergangenheit an, und das Geschehene kann niemals mehr ungeschehen werden.2
3. Vergeben werden also von dem Herrn die Sünden, die vor der Bekehrung zum Glauben geschehen sind, nicht, damit sie nicht existieren, obwohl sie doch geschehen sind, sondern als ob sie nicht geschehen wären.
4. Indessen werden, so behauptet Basileides, nicht alle Sünden vergeben, sondern nur diejenigen, die unabsichtlich und unwissentlich begangen worden sind, gerade als ob ein Mensch und nicht vielmehr Gott die so große Gabe (der Sündenvergebung) gewährte. Für ihn ist das Schriftwort gesagt: „Du wähntest, du Frevler, daß ich dir gleich sein würde.“3
5. Aber auch wenn wir wegen der vorsätzlichen Sünden bestraft werden, erleiden wir die Strafe nicht, damit sie nicht geschehen seien, da sie ja geschehen sind, S. b104 sondern deswegen, weil sie geschehen sind.
6. Und die Strafe verhilft dem Sünder nicht dazu, daß er die Sünden nicht begangen hat, sondern dazu, daß er nicht mehr sündigt, und dazu, daß kein anderer in die gleichen Sünden verfällt.
