17.
In ihrer Unwissenheit halten einige 1 auch Debora für eine Witwe und sehen im Feldherrn Barak ihren Sohn, während es doch in der Schrift anders steht. Ich führe sie nur deshalb an, weil sie eine Prophetin war und den Richtern beizuzählen ist. 2 Auch weil sie sprechen konnte: „Wie süß sind meinem Gaumen Deine Worte; angenehmer als Honig sind sie meinem Munde.“ 3 Eine Biene wird sie genannt, 4 die sich volltrinkt aus den Blüten der Hl. Schrift, übergössen mit dem Dufte des S. 168 Hl. Geistes, und aus ihrem Prophetenmunde Worte hervorquellen läßt, süßer als Ambrosia. Noemi, „die Getröstete“ — so etwa wäre dieser Name zu übersetzen —, 5 verlor in der Fremde ihren Mann und ihre Söhne, brachte aber ihre Keuschheit unversehrt wieder in die Heimat zurück. Aufrecht erhalten durch diese Tugend, die ihre Lebenskraft wurde, fesselte sie ihre Schwiegertochter, eine Moabitin, an sich. 6 So erfüllte sich des Isaias Weissagung: „Sende, Herr, das Lamm, den Beherrscher der Erde, aus der steinigen Wüste!“ 7 Ich komme endlich zu der Witwe im Evangelium, zu der armen Witwe, die reicher war als das ganze Volk Israel. Es ist die Witwe, die das Senfkörnlein nahm und den Sauerteig unter drei Maß Mehl mengte. 8 Durch diese Handlung brachte sie mit der Gnade des Hl. Geistes ihren Glauben an den Vater und den Sohn zum Ausdruck. Sie warf die zwei Geldstücklein in den Opferkasten und schenkte damit dem Herrn ihr ganzes Vermögen und ihren gesamten Reichtum, 9 nämlich ihren Glauben an das Alte und das Neue Testament. Diese sind die beiden Seraphim, welche dreimal die hl. Dreifaltigkeit lobpreisen und im Schatze der Kirche wohlgeborgen ruhen. Deshalb reinigt auch die glühende Kohle, die mit der Feuerzange der beiden Testamente festgehalten wird, die Lippen des Sünders. 10
Gemeint ist der hl. Ambrosius (vgl. De viduis 8. — M PL XVI 247 ff.). ↩
Richt. 4, 4 ff. ↩
Ps. 118, 103. ↩
Hebräisch: דְּבוֹרָה ↩
Hieronymus muß in seinem Texte נָחֳמִי statt נָעֳמִי (Huld, Gnade) gelesen haben ↩
Ruth 1. ↩
Is. 16, 1. ↩
Matth. 13, 31 ff. ↩
Mark. 12, 42 ff.; Luk. 21, 2. In allegorischer Deutung wird die arme Witwe mit der den Sauerteig einlegenden Frau gleichgesetzt. Das Senfkörnlein wurde nach dem Evangelium von einem Mann gesät. ↩
Is. 6, 2 f., 6 f. ↩
