Nr. 37
Wirklich, so ist's: weil ihr vielfaches mit dem Schwerte und durch Gewalt auszurichten vermöget, so meint ihr auch der Wissenschaft des Wahren vorzugeben; und für die Götter fromm zu seyn, deren Macht ihr als die Ersten durch der Meinungen Garstigkeit besudelt. An dieser Stelle, wenn eure Muthigkeit erlaubt und eure Heftigkeit gestattet uns zu antworten, bitten wir: ob ihr wohl dafür haltet, daß Zorn der Natur der Götter eigne, oder daß die göttliche Glückseligkeit von solchem Affekt weithin entfernt sey? Hegen sie dieses Feuer und entflammt sie die Aufregung des Zornes, wie S. 137 eure Meinungen fordern: denn ihr sagt, oftmals habe wegen geringer Sorgfalt bei der Feier der Spiele, wegen nicht bewährten Vorsitzern, wegen entweihter Bahn, wegen nicht gehörig verrichteten Ceremonien die Erde gebebt und die Pest die Luft vergiftet zum kläglichen Verderben des Volkes; dann folgt, wie aus den angeführten Meinungen wahrgenommen werden muß, daß sie keine geringe Neigung zum Zorn besitzen. Wird dieß nun zugegeben, so ist nothwendig die Folge, daß all dieses Elend, welches zu allen Zeiten das Menschengeschlecht überhäufte, von derlei Erdichtungen herkam. Hebt der Götter Unwillen aber von dieser Ursache an, so seyd ihr so vielfältigen Jammers Urheber, die ihr nicht aufhört, der Himmlischen Gemüther zu beleidigen und zur Wuth der Rache zu reizen. Wofern jedoch das Göttergeschlecht von derlei Wuth frei ist, und die Götter durchaus nicht wissen, was Zorn sey; so sagt man ohne irgend einen Grund, die, welche nicht wissen, was Zorn ist, seines Bandes wie seiner Mischung ledig sind, zürnten uns.
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