Nr. 23
Sind auch die Menschen zur Geilheit geneigt und durch S. 129 natürliche Schwäche zu den Anlockungen der Wollüste willig, dennoch strafen sie den Ehebruch durch Gesetze und belegen mit dem Tode, welche sie als Schänder des fremden Ehebettes ertappen werden. Welcher Schimpf, welche Makel der Person des Verführers und Ehebrechers anhänge, das wußte der mächtigste der Könige nicht, und jener Späher, wie die Rede ist, der Verdienste im Guten wie im Bösen, nahm nicht wahr, was schicklich sey zu wollen, bei verlorener Urtheilskraft. Diese wohl üble Handlung könnte noch übertragen werden, verbändet ihr ihn zum wenigsten Ebenbürtigen und gäbt ihn als Ehebrecher mit den unsterblichen Göttinnen an. Welche Schönheit aber, ich bitte, fand sich an den menschlichen Körpern, welcher Liebreiz, die Jupiters Augen anregen, auf sich ziehen konnten? die Haut, das Fleisch, der Schleim und alle jener Unflath der Eingeweide unter der Hülle beschlossen, vor welchem nicht allein jener Lyceus mit durchdringender Sehkraft schaudern, sondern den auch jeder Andere mittelst bloßem Nachdenken zum wenigsten vermeiden kann. O des auserlesenen Lohnes der Schuld, o der würdigen und kostbaren Süßigkeit, um welcher willen der sehr mächtige Jupiter ein Schwan, ein Stier und der Erzeuger blendend weißer Eier ward!
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