Nr. 33
Man schreibt, daß eure Götter in den himmlischen Speisesälen und goldenen Hallen schmausen, trinken und zuletzt mit Flöten und Sangweisen sich ergötzen. Ihr leiht das geduldigste Ohr, und haltet es nicht für unwürdig, den Göttern die Genüsse beizulegen, durch welche die irdischen Körper erkräftigt werden, und welche verweichlichte Ohren fordern bei der Schlaffheit einer entnervten Brust. Man führt unter ihnen verschiedene als Liebhaber, als Buhler auf, die sich nicht nur mit Weibern, sondern auch mit Knaben auf schändliche Weise mischen. Ihr habt keine Sorge, was über solche Dinge man aussagt; noch auch zähmt ihr durch irgend eine Furcht der Zurechtweisung die Keckheit üppig wuchernder Schriften. Andere sollen sich durch Wahnsinn, durch Wuth der Kinder berauben und gleichwie von feindlichem Blute, so durch eigenen Vatermord beflecken. Jene hocherhaben vorgetragenen Gotteslästerungen bewundert ihr, und was schicklich mit allen Strafen geahndet werden sollte, das erhebt ihr, damit die Dreistigkeit um so verwegener sich aufrichte, durch den Reiz des Lobes. Jene sollen die Wunden der Beraubung beseufzen und mit Heulen das grausame Geschick der Schmach anklagen. Ihr staunt ob der Gewalt der Beredsamkeit, und was aus des Menschengeschlechtes Verbindung vertilgt zu werden gebührte, ihr nehmt es zur Hand, lernt es auswendig und tragt Sorge, daß es durch keinerlei Vergessenheit zu Grunde gehe. Man erzählt, wie daß sie sich verwundet, mißhandelt und mit der Gluth wüthender Entzweiung unter eineinander gekämpft haben. Solche Schilderung dient euch zur Ergötzung, und um eine so große Dreistigkeit zu vertheidigen, lügt ihr, jene Dinge seyen Allegorien und naturwissenschaftliche Lehrsätze.
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