Nr. 31
Es beliebt nun euch zu fragen und zur kurzen Rede Beantwortung aufzufordern, ob ihr es für würdiger haltet, ihnen keine Opfer zu bringen, weil man denken sollte, sie wollten noch begehrten dergleichen; oder solche Schändlichkeiten mittelst der Meinungen Abscheulichkeit zu erfassen, welche eines Leben Gemüth zur Wuth der Rache erregen? Wägt man der Dinge Umstände ab, so findet sich wohl kein so mißgünstiger Richter, welcher nicht die Zerstörung des Rufes von irgend Einem durch Beschimpfungen für vorwurfsvoller hielte, als das Nichtberücksichtigen von irgend Jemand. Dieß nämlich kann etwa für ein Zeichen der Urtheilskraft gehalten und geglaubt werden; jenes ist ein Zeichen verruchten Gemüthes und desperater Blindheit in Einbildungen. In euern Zeremonien und heiligen Dingen finden Forderungen statt, und man sagt, das Begehren eines Sühnopfers werde veranlaßt, wenn irgend einer durch Unvorsichtigkeit fehlend, entweder im Worte oder bei der Libation abirrte; oder aber beim Laufe in den festlichen Spielen und heiligen Wettrennen. Alsbald rufet ihr Alle, Verbrechen wider die heiligen Gebräuche, steht der Schauspieler still; verstummt der Flötenspieler plötzlich; oder läßt aus Unwissenheit jener Knabe, den man Patrimus nennt, den Zügel los oder kann er die Erde nicht berühren; und dennoch wagt ihr zu verneinen, die Götter würden von euch innnerdar durch so schwere Verschuldigungen verletzt, da ihr doch bekennt, daß sie in leichteren Fällen oftmals mit Verderben dem Staat zürnten.
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