Kap. 6 (Der Konflikt Augustins mit dem Manichäer Fortunatus).
1 In der Stadt Hippo nun hatte die Pestilenz der Manichäer sehr viele Bürger und Zugezogene infiziert und durchdrungen; Verführer und Täuscher war ein Presbyter der Häresie namens Fortunatus, der dort sich betätigte und wohnte.
2 Da traten die Bürger von Hippo und die Zugezogenen, Katholiken und auch Donatisten, an Augustin heran und forderten, daß er jenen manichäischen Presbyter, den sie für einen gelehrten Mann hielten, aufsuche und mit ihm über das Gesetz [die Heilige Schrift] verhandle. Augustin weigerte sich nicht; denn er war, wie geschrieben steht, „bereit zum Zeugnis gegenüber jedem, der von ihm Grund und Ursache des Glaubens und der Hoffnung auf Gott verlangte, und fähig, in der gesunden Lehre zu ermahnen und die Widersacher zu widerlegen“; doch suchte er erst festzustellen, ob auch Fortunatus willig sei.
3 Da brachten sie die Angelegenheit umgehend an diesen, bittend, ermahnend und fordernd, daß er sich nicht weigere; aber da Fortunatus schon früher in Carthago den heiligen Augustin kennengelemt hatte, als dieser noch mit ihm in dem gleichen Irrtum steckte, fürchtete er, sich mit ihm zu messen. Jedoch, von den ihn bedrängenden Seinigen hauptsächlich gezwungen und eingeschüchtert, versprach er, sich persönlich zu stellen und zu disputieren.
4 Tag und Ort wurden angesagt, und die Gegner kamen zusammen unter dem Zulauf vieler Wißbegieriger und Scharen von Neugierigen. Der Notar rüstete sein Protokoll; die Disputation begann und wurde in zwei Tagen durchgeführt. In ihr vermochte der manichäische Lehrer, wie das zuverlässige Protokoll ausweist, weder die katholische Darlegung zu widerlegen noch zu beweisen, daß die manichäische Sekte von der Wahrheit gestützt werde.
5 Da er die (entscheidende) Schlußfrage S. 31 nicht beantworten konnte, erklärte er, er werde seinen Oberen das, was er selbst zu widerlegen außerstande wäre, vorlegen, und, wenn sie es (auch) nicht vermöchten, werde er für seine Seele sorgen. Hiernach urteilten alle, für die er doch der große Gelehrte war, er habe bei der Verteidigung seiner Sekte nichts ausgerichtet.
6 Durch die Widerlegung erschüttert, verließ er kurz darauf Hippo und kehrte nicht wieder zurück. So wurden durch Augustin, den Mann Gottes, die Seelen aller, sowohl derer, die zugegen waren, als der Entfernten, die vom Geschehenen Kenntnis erhielten, von jenem Irrtum befreit, und die katholische reine Lehre wurde eingeschärft und festgehalten.
