9.
Nachdem sie drei Jahre gefangen gewesen waren, kam der König in die Provinz Mâdai1. Jener Môpêt führte alle drei gefesselt vor, da sie nicht mehr Menschengestalt hatten, so daß, auch wer ohne Erbarmen war, wenn er sie sah, heftig weinte über die Pein und Schande, worin sie lagen. Er lieferte sie an den Hof und brachte sie vor Adarschâpûr, den Großmôpêt des ganzen Orients2. Als sie vor ihn kamen, adorierten sie nicht3. Es saßen aber dort viele Vornehme und Môpêts. Der gottlose Adarschâpûr fragte sie: „Seid ihr Christen?" Die Heiligen antworteten: „Wir sind Christen und dienen dem einen Gott, dem Herrn von allem." Wieder sprach er: „Ihr seid Greise und ich sehe, daß große Pein und harte Folter über euch hinging, wie euer Aussehen kündet. Jetzt rate ich euch, euer selbst zu schonen, daß ihr nicht bitteren Todes sterbet. Betet die Sonne an; gehorchet dem Befehl des Königs; denn das Todesurteil ist über jeden gefällt, der auf diesem eurem Wege verharrt." Der selige 'Akebschemâ antwortete: „Ich weiß, daß du in der gottlosen Gewalt, die du innehast, sehr geschäftig bist. Laß nicht ab, in dieser bösen Gesinnung gegen uns zu verharren, und laß dir auch nicht die geringste Hoffnung beikommen, daß jemand von uns dir darin gehorche. Beschleunige deinen Befehl, sei es zum Tode, sei es zu Martern, und zögere nicht. Deine Drohungen fürchten wir nicht; den Befehl des Königs vollziehen wir nicht, und die Wahrheit unseres Gottes lassen wir nicht im Leben und im Tode." Der Gottlose sprach: „Der Tod ist Freiheit und ich weiß, daß ihr ihn sucht. Aber ich gebe ihn euch nicht, bis ich euren Tod euren Augen zeige, in dem ihr auch jetzt steht4. Hernach töte ich euch zur Ab- S. 124 schreckung für die Zauberer, eure Glaubensgenossen." 'Akebschemâ sprach: „Wir fürchten nicht deine Martern, noch deine Drohungen, noch dein Schwert. Jener Gott, der uns bis jetzt in den Martern deiner gottlosen Genossen stärkte, stärkt uns auch hier vor dir. Mit jeder Marter, mit der du willst, erprobe heute unser tapferes Greisenalter, prüfe unsere vertrauensvolle Geduld. Dann wird unsere Wahrheit in unserer Prüfung sichtbar und dein Irrtum in unserer Erprobung erkannt." Da befahl der Gottlose in großem Zorne, von dem Markte sieben Paar neue Peitschen (aus) rohem (Leder) 5 zu bringen und sprach: „Bei der Sonne, dem Gott und der Fortuna Schâpûrs, des Königs der Könige, schwöre ich: Wenn ihr mir nicht den Willen tut, werde ich eure Leiber verderben, eure weißen Haare mit eurem Blute besprilzen und euer Fleisch schonungslos diesen Peitschen hingeben, auch wenn ihr schon tot seid, bis daß nichts davon übrig bleibt." 'Akebschemâ sprach: „Weil du bei einem Nichtgott schwörst und bei einer Fortuna, die nicht ist, versprachst, fürchte ich, daß du deinen Schwur nicht ausführst. Wir stehen in der Wahrheit unseres Glaubens im Leben und im Tode. Unser Leib ist dir gegeben; unsere Seele vertrauen wir Gott an. Was du tun willst, tue rasch; denn wir warten darauf."
