23.
Als der König das gehört, befahl er, daß Gûhaschtazâd vor ihm erscheine, damit er von ihm die Ursache seiner Trauer erfahre. Als Gûhaschtazâd eintrat und der König ihn sah, sprach er: „Hast du einen Teufel (dêv), daß du meiner Majestät so schlimm wahrsagst?„ Gûhaschtazâd antwortete: „Nicht spreche mein Herr, der König, so. Denn nicht nur habe ich keinen Teufel, sondern bei der Erfahrung meines Alters kann ich törichten Gedanken auch (keinen) Geschmack abgewinnen.“ Der König„ sprach: „Was trägst du außer der Trauerzeit schwarze Kleider wie ein Narr und ließest mir dann melden: ich bin des Todes schuldig?“Gûhaschtazâd sprach: „Gewiß bin ich des Todes schuldig, da ich eine sehr schwere Sünde begangen und ein gar großes Vergehen verübt habe.„ Der König sprach:„Ist deine Sünde so schwer, daß du auf Sack und Asche sitzest, und dein Vergehen so groß, daß du dich schwarz kleidest?“ Gûhaschtazâd sprach: „Ja, Herr, König;schwer ist meine Sünde und es gibt keine Heilung; groß ist mein Vergehen und es gibt kein Verzeihen. Dem Willen nach habe ich getötet und gar bitter (ist die Sünde). Der König sprach: „Gegen wen hast du gesündigt?“ Gûhaschtazâd sprach: „Gegen Gott, den Allherrn, weil ich ihn mit seinem Geschöpfe vertauscht.„ Der König sprach: „Was hast du zugrunde gerichtet?“ Gûhaschtazâd sprach: „Den Lauf meines Glaubens von meiner Jugend bis jetzt.„ Der König sprach: „Wen S. 33 hast du getötet?“ Gûhaschtazâd sprach: „Mich selbst habe ich getötet, weil ich die Sonne anbetete.„ Der König sprach in großem Zorne: „Hast du die Sonne nicht aufrichtig angebetet?“ Gûhaschtazâd sprach: „Nein, sondern zum Truge habe ich sie angebetet. Deshalb bin ich auch darüber traurig, daß ich weder bei Gott noch bei dir, bester der Menschen, aufrichtig erfunden wurde, daß ich Gott belog, seine Wahrheit verließ und deinen Willen tat, dich aber, o König, täuschte und die Sonne mit dem Angesicht, nicht mit dem Herzen anbetete.„ Als der König das hörte, sprach er zornig: „Ist das deine ganze Trauer, törichter Greis? Ich werde dich bald in Trauer und Weinen versetzen, wenn du auf dieser bösen Gesinnung bestehst und davon nicht abgehst.“ Der wahrhaft reuige Gûhaschtazâd sprach: „Wenn der gute König will, möge er mich hören und wenn es dir gefällt, will ich meine Eide bestätigen. Denn bei Gott, der Himmel und Erde besitzt, habe ich geschworen und bekräftigt: mehr als daß ich deinen Willen getan und deinen Befehl erfüllt, werde ich an Verleugnung Gottes nicht mehr tun.“
