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1. Der Philosoph Platon, der aus den Schriften des Moses manches über die Gesetzgebung gelernt hatte, tadelte an den Staatsverfassungen des Minos und des Lykurgos, daß sie ihren Blick ausschließlich auf die Tapferkeit gerichtet hätten, lobte dagegen als erhabener die Verfassung, die immer nur einen Gesichtspunkt betone und immer nur einen einzigen Grundsatz zugeneigt sei.1 Denn er meint, daß es sich für uns mehr gezieme, mit Kraft, Ehrbarkeit und Klugheit Philosophie zu treiben, mit dem Blick auf das erhabene, himmlische Ziel, indem wir dabei unveränderlich die gleiche Meinung über die nämlichen S. a137 Dinge hätten.2
2.Gibt er nicht mit anderen Worten die Lehren des Gesetzes wieder, das gebietet, auf den einen Gott zu schauen und Gerechtigkeit zu üben?3
3. Die Aufgabe des Staatsmannes ist aber nach seiner Anschauung doppelter Art, nämlich einerseits die, Gesetze zu geben, andererseits die mit dem gleichen Wort „staatsmännisch“ bezeichnete Aufgabe der Staatslenkung, und mit Politikos (Staatsmann) im eigentlichen Sinn meint er in dem gleichnamigen Buche den Weltschöpfer; und die, die auf ihn blicken und tätig und gerecht leben, zugleich aber auch nach der geistigen Schau streben, nennt er gleichfalls Staatsmänner.
4. Die Tätigkeit des Staatsmannes, die in gleicher Weise wie die gesetzgeberische benannt ist, gliedert er in die auf die ganze Welt sich beziehende hochherzige Fürsorge und die Anordnung für das Verhalten der einzelnen, das er Schicklichkeit, Ebenmaß und Sittsamkeit nannte;4 (dieser Forderung ist dann erfüllt,) wenn die Obrigkeit für die Untertanen sorgt und die Untertanen der Obrigkeit gern gehorchen, ein Ziel, das die Gesetzgebung des Moses erstrebt.
