124.
1. Es ist also nicht möglich, daß ein Mann oder eine Frau sich in irgend etwas hervortue, wenn sie nicht Lernen, Nachdenken, Üben anwenden; von der Tugend aber behaupten wir, daß sie (ihr Erlangen) nicht in der Macht anderer stehe, sondern mehr als alles andere in unserer eigenen Macht.
2. Alles andere kann nun jemand durch S. b85 Gegenwirkung verhindern, das aber, was in unserer eignen Macht steht, auf keine Weise, mag er sich auch noch so sehr anstrengen; denn dieses Geschenk (die Tugend) ist von Gott gegeben und unterliegt keiner anderen Macht.1
3. Daher kann die Zuchtlosigkeit nicht als die Verfehlung irgendeines anderen angesehen werden denn als die des Zuchtlosen, und andererseits Sittsamkeit nur als der Vorzug eben dessen, der sittsam sein kann.
Vgl. Epiktetos, Enchir. 1,1. ↩
