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Petrus hat sich also den Anschein gegeben, als übe er das Gesetz. Der Tadler Petri aber hat ganz offen das Gesetz beobachtet. Es heißt nämlich in Deinem Briefe: 1 „Denn wenn er die heiligen Gebräuche wahrte, um ein Jude scheinend die Juden zu gewinnen, warum hat er dann nicht mit den Heiden geopfert? Denn für sie, die ohne Gesetz waren, ist er sozusagen ein Gesetzloser geworden, um sie zu gewinnen. 2 Der Grund liegt darin, daß er als Jude von Hause aus die alten Gebräuche übte. Wo er aber von den Heiden spricht, da will Paulus nicht scheinen, was er nicht ist, sondern aus Mitleid glaubt er am besten helfen zu können, wenn er so tut, als ob ihr Irrtum auch der seinige wäre. Nicht um eine falsche List geht es ihm, sondern er handelt aus Mitleid und Güte.“ Du verteidigst Paulus nicht schlecht, wenn Du behauptest, er habe sich dem jüdischen Irrtum nicht etwa zum Scheine angepaßt, sondern er habe sich wirklich im Irrtum befunden. Er wollte nicht das unredliche Beispiel Petri nachahmen, indem er aus Furcht vor den Juden verschwieg, was er war, sondern mit aller Offenheit bekannte er sich als Jude. Ein neues Entgegenkommen des Apostels! Während er die Juden zu Christen machen will, wurde er selbst ein Jude. Er konnte also die Verschwender nur dadurch zur Mäßigkeit zurückführen, daß er sich zuerst selbst als Genießer betätigte. Wie Du selbst betonst, konnte er nicht mitleidig sein gegen die Unglücklichen, wenn er sich nicht selbst unglücklich gefühlt hätte. In der Tat, S. b454 das sind wahrhaft unglückliche und bedauernswerte Menschen, die im Übereifer und aus Liebe zu einem aufgehobenen Gesetz aus einem Apostel des Herrn einen Juden machten. Schließlich bleibt zwischen unseren beiden Auffassungen kein großer Unterschied mehr. Ich sage, Petrus und Paulus hätten aus Furcht vor den gläubigen Juden die Vorschriften des Gesetzes erfüllt oder sich wenigstens den Anschein dessen gegeben. Du aber sagst, sie hätten es aus Entgegenkommen getan, nicht aus List, sondern aus Mitleid und Güte, wofern nur feststeht, daß sie vorgaben zu sein, was sie nicht waren, mag dies nun aus Furcht oder aus Mitleid geschehen sein. Das Argument, das Du gegen mich vorbringst, daß er auch unter den Heiden zum Heiden werden mußte, wenn er unter den Juden Jude wurde, spricht tatsächlich zu meinen Gunsten. Wie er nämlich in Wirklichkeit nicht zum Juden wurde, so wurde er auch nicht wirklich Heide. Und wie er nicht wirklich Heide wurde, so wurde er auch nicht wahrhaft Jude. Darin wurde er ein Nachahmer der Heiden, daß er die Unbeschnittenen in die Herde Christi aufnahm und ihnen ohne weiteres erlaubte, Speisen zu genießen, welche die Juden verbieten, aber nicht dadurch, wie Du annimmst, daß er sich dann dem Götzendienst hätte hingeben müssen. Bei Jesus Christus gilt weder die Beschneidung etwas noch die Vorhaut, sondern die Beobachtung der göttlichen Gebote. 3
