8.
1. Daher ermahnt der Herr den, der nach dem wahren Leben1 strebt, zuerst den kennen zu lernen, den „niemand erkennt als der Sohn und wem es der Sohn offenbart“,2 sondern als zweites nach Gott die Größe des Heilandes und das Neue zu erfassen, das in seiner Gnade besteht; denn nach dem Apostel „wurde das Gesetz durch Moses gegeben, die Gnade und Wahrheit durch Jesus Christus.“3 Denn die durch einen treuen Diener vermittelten Gaben sind nicht gleich wert den durch einen vollbürtigen Sohn gegebenen Geschenken.4 2. Wenn nämlich das Gesetz des Moses fähig gewesen wäre, ewiges Leben zu gewähren, so war es überflüssig, daß der Heiland selbst kommt5 und unsertwegen leidet, indem er von der Geburt bis zum Kreuze6 das ganze menschliche Leben durchläuft;7 und überflüssig war es, daß der, der alle Gebote des Gesetzes „von Jugend auf“8 erfüllt hat, von einem anderen fußfällig die Unsterblichkeit erbittet. 3. Denn er hat nicht nur das Gesetz erfüllt, sondern auch dies gleich von seiner ersten Jugend an getan. Denn was wäre es auch Großes oder Herrliches um ein Greisenalter, das von den Verfehlungen frei ist, die aus den jugendlichen Begierden oder aus brennendem Zorn oder aus Habgier erwachsen? Wenn aber jemand mitten in der frischen Kraft der S. 237 Jugend9 oder in der Glut der Jünglingsjahre Weisheit zeigt und sich so als über sein Alter hinaus zu würdiger Reife gelangt erweist, so ist er ein bewundernswerter und ausgezeichneter Kämpfer, der wegen seiner Weisheit Achtung verdient.10 4. Aber trotzdem ist dieser Jüngling, der sich so verhielt, fest davon überzeugt, daß ihm, wenn ihm auch nichts mehr zur Gerechtigkeit fehlt, doch das Leben völlig fehle; und deswegen erbittet er es von dem, der allein es geben kann. Und hinsichtlich des Gesetzes spricht er zuversichtlich, den Sohn Gottes aber fleht er demütig an. 5. Er geht „von Glauben zu Glauben“11 über. Da sein Lebensschiff im Bereich des Gesetzes unsicher schwankt und an einer gefährlichen Stelle vor Anker liegt, ändert er seinen Platz und wirft Anker bei dem Heiland.
Vgl. 1Tim 6,19. ↩
Mt 11,27. ↩
Joh 1,17. ↩
Vgl. Hebr 3,5f. ↩
Vgl. Gal 2,21. ↩
Das Wort (xxx) („Zeichen“) bedeutet bei Clemens oft „Kreuz“; vgl. Strom. V 35,1; VI 84,3.4; 87,2; VII 79,5.7; Exc. ex Theod. 42,2; 43,1; die gleiche Bedeutung auch schon im Barnabasbrief 12,5. ↩
Vgl. Phil 2,8. ↩
Mk 10,20. ↩
Der hier gebrauchte Ausdruck (xxx) findet sich bei dem Sophisten Antiphon Fr. 131 Blaß (Stob. Flor. 68,37.) ↩
Der gleiche Gedanke findet sich bei Philo, De post. Caini 71. ↩
Röm 1,17; ähnlich auch Strom. II 29,3 verwendet. ↩
