19.
1. Denn der in Wahrheit und im guten Sinn Reiche ist der Mensch, der an Tugenden reich ist und sich in jeder Schicksalslage fromm und gläubig zu verhalten weiß; der im falschem Sinne Reiche ist dagegen der Mensch, der nach dem Fleische reich ist und das Leben in den äußeren Besitz verlegt, der vergeht und zunichte wird und bald diesem, bald jenem gehört und zuletzt S. 249 überhaupt niemand. 2. Umgekehrt gibt es wieder in der gleichen Weise einen echten Armen und einen anderen, den unechten Armen, der mit Unrecht diesen Namen trägt; der eine ist nach dem Geiste, also an dem Eigenen, arm, der andere nach der Welt, also an dem, was ihm nicht gehört. 3. Zu dem, der nach der Welt nicht arm und an Begierden reich ist, sagt der, der am Geist arm1 und an Gott reich ist: Gib den fremden Besitz, der in deiner Seele ist, auf,2 damit du reinen Herzens werdest und Gott schauest,3 was mit anderen Worten ausgedrückt, aber dem Sinn nach das gleiche ist wie in das Himmelreich kommen. 4. Und wie kannst du ihn aufgeben? Dadurch, daß du ihn verkaufst. Wieso? Solltest du statt des Besitzes Geld nehmen? Sollst du Reichtum gegen Reichtum vertauschen, indem du den sichtbaren Besitz zu Geld machst? 5. Keineswegs! Vielmehr, indem du an Stelle dessen, was zuvor in deiner Seele war, die du zu retten wünschest, einen anderen Reichtum in sie aufnimmst, der zu göttlichem Wesen macht und ewiges Leben schenkt, eine den Geboten Gottes entsprechende Gesinnung, für die dir Lohn und Ehre, unvergängliches Heil und ewige Unsterblichkeit zuteil werden wird. 6. In dieser Weise befolgst du richtig den Befehl: „Verkaufe, was du hast“, nämlich das Viele und Überflüssige, was dir den Himmel verschließt, wobei du an seiner Stelle das eintauschest, was dich selig machen kann. Jenes mögen die fleischlich Armen bekommen, die es nötig haben; du aber empfange dafür den geistigen Reichtum; „dann wirst du einen Schatz im Himmel haben“.4
Das Wörtchen (xxx) vor (xxx) wird mit Segaar zu tilgen sein; darnach ist übersetzt. Auf diese Weise gewinnt man den Sinn, daß der unechte Arme zugleich der unechte Reiche und umgekehrt der echte Arme zugleich der echte Reiche ist. ↩
Gegen diese Erklärung ist von Clemens selbst Strom. IV 29,1 eingewendet worden, daß dabei die Worte „und gibt es den Armen“ nicht erklärt werden können. ↩
Vgl. Mt 5,8. ↩
Mk 10,21; Mt 19,21. ↩
