33.
1. Wie kann nun ein Mensch solche Gaben gewähren? Weil Gott die Gaben gewährt wegen seiner Wertschätzung jenes Menschen und wegen seines Wohlwollens gegen ihn und seiner nahen Freundschaft zu ihm. S. 265 „Denn ich werde nicht nur meinen Freunden, sondern auch den Freunden meiner Freunde geben“.1 2. Und wer ist dieser Freund Gottes? Entscheide nicht selbst, wer würdig oder wer unwürdig ist! Denn es ist möglich, daß du in deiner Meinung ganz fehlgehst. Da du so wegen deiner Unkenntnis im Ungewissen bist, so ist es besser, wegen der Würdigen auch den Unwürdigen Wohltaten zu erweisen als aus ängstlicher Scheu vor den weniger Guten auch die Besten unberücksichtigt zu lassen. 3. Denn wenn du sparsam bist und vorgibst, du wolltest erst prüfen, wer einen Anspruch darauf hat, etwas zu erhalten, und wer nicht, so ist es möglich, daß du einige von denen, die Gott liebt, vernachlässigst, wofür die Vergeltung die ewige Strafe im Feuer ist. Wenn du dagegen allen Bedürftigen der Reihe nach mit offener Hand gibst, so mußt du unbedingt auch einen von denen finden, die dir von Gott das Heil erwerben können.2 4. Darum „richte nicht, damit du nicht gerichtet werdest! Mit demselben Maße, mit dem du missest, wird auch dir wieder gemessen werden. Ein gutes, festgedrücktes, gerütteltes und übervolles Maß wird dir wieder gegeben werden“.3 5. Öffne dein Herz allen denen, die als Jünger Gottes eingeschrieben sind, und schau nicht verächtlich weg wegen ihres Körpers und versage ihnen deine Teilnahme nicht mit Rücksicht auf ihr Lebensalter! Und wenn sich einer besitzlos oder schlecht gekleidet oder mißgestaltet oder schwächlich zeigt, so hüte dich davor, mit Rücksicht darauf (auf diese äußeren Dinge) Widerwillen gegen seine Seele4 zu hegen und dich von ihm wegzuwenden! S. 266 6. Das ist ja nur eine Hülle, die uns aus Anlaß unseres Eintritts in diese Welt von außen umgelegt ist, damit wir diese gemeinsame Erziehungsanstalt betreten konnten; aber verborgen im Innern wohnt der Vater und sein Sohn, der für uns gestorben und mit uns auferstanden ist.5
Ein sonst unbekanntes Herrenwort. ↩
33,2.3 ist Sacra Par. 292 Holl. ↩
Das Zitat ist eine Verbindung von Mt 7,1 f. und Lk 6,37 f. ↩
Bisher ist (xxx) immer mit „in deiner Seele“ übersetzt worden; aber der Zusammenhang zeigt, daß die Seele der Bedürftigen gemeint ist. Ferner ist zu beachten, daß Clemens das hier verwendete Verbum (xxx) fast immer mit dem Dativ verbindet, um anzugeben, worüber man Widerwillen empfindet. ↩
Ähnlich sagt Polykarpos, Phil. 9,2: „der für uns gestorben und unsretwegen von Gott erweckt worden ist“. ↩
