16.
Wie ich nun in die Nähe der Einsamkeit kam, in der sie ihr englisches und himmlisches Leben verbrachte, S. 350 fragte ich zuerst einen der Genossen nach dem Bruder1, ob er da wäre. Als er mir erklärte, daß er mir entgegengereist sei und zwar schon vor drei Tagen, merkte ich, wie es wirklich der Fall war, daß er auf einem andern Wege uns entgegengegangen, und erkundigte mich dann auch nach der Hohen. Als er mir sagte, daß sie krank darniederliege, so beeilte ich mich, den Rest des Weges schneller zurückzulegen. Denn eine gewisse Traurigkeit und ahnungsvolle Besorgnis hatte mich ergriffen und machte mich unruhig. Als ich darauf am Orte selber angekommen war und das Gerücht der Brüderschaft meine Anwesenheit meldete, kam die ganze Schar Männer aus dem Männerheim uns entgegen, denn sie haben es in der Gewohnheit, liebe Gäste durch Entgegengehen zu ehren. Der weibliche Chor der Jungfrauen aber erwartete unsere Ankunft züchtig bei der Kirche. Als dann das Gebet und der Segen beendet war, beugten die letzteren ihr Haupt in sittsamer Haltung zum Segen und zogen wieder ab, indem sie in ihre Behausung zurückkehrten, ohne daß eine von ihnen bei uns verblieb; so vermutete ich, wie es tatsächlich war, daß die Vorsteherin nicht unter ihnen sei, und begab mich ins Innere jener heiligen Wohnung, wobei mich jemand in die Behausung, wo die Hohe wohnte, führte und mir die Türe öffnete. Sie aber war bereits heftig erkrankt, ruhte jedoch nicht auf einem Lager oder Ruhebett, sondern auf dem Boden, indem ein Brett unter das Bußgewand gelegt war und das Haupt wieder von einem andern Brett gestützt wurde, das so zugerichtet war, daß es dem Kopf als Kissen diente, indem es in seiner schrägen Lage unter die Schultern reichte und nach Wunsch ihren Nacken emporhielt.
Nach dem genannten Petrus, der damals noch Vorsteher des von Basilius auf dem andern Ufer des Iris gegründeten Männerklosters war. ↩
