3.
Makrina hieß die Jungfrau; einem altberühmten Geschlechte gehörte aber Makrina, die Mutter unseres Vaters, an, die sich zur Zeit der Verfolgungen durch ihr Bekenntnis für Christus hervorgetan hatte und nach der das Kind von den Eltern benannt wurde. Das war jedoch nur ihr offenkundiger Name, mit dem sie von den Bekannten genannt wurde; im geheimen war ihr noch ein anderer beigelegt worden, den sie, bevor sie unter den Wehen das Licht der Welt erblickte, auf Grund einer Erscheinung erhalten hatte. Denn auch ihre Mutter1 war so tugendhaft, daß sie sich überall vom göttlichen Willen leiten ließ und besonders einen reinen, unbefleckten Lebenswandel liebte, so daß sie sich auch für die Ehe nicht freiwillig entschlossen hatte. Aber da sie eine Doppelwaise war, in überaus herrlicher Jugendschönheit erblühte und der Ruf ihrer schönen Gestalt viele Bewerber um sie scharte und für sie Gefahr vorhanden war, wenn sie nicht freiwillig mit einem sich verlobte, gegen ihren Willen einen Frevel erleiden zu müssen, indem die, welche für ihre Schönheit rasend schwärmten, entschlossen waren, sie zu entführen, ― deswegen wählte sie sich einen ob seines ehrenhaften Lebens bekannten und bewährten Mann, um einen Beschützer ihres Lebens zu erhalten, und wurde dann gleich bei ihrer ersten Geburt Mutter von dieser. Und da die Zeit kam, wo die Wehen durch die Geburt ein Ende nehmen sollten, verfiel sie in einen Schlaf und da träumte ihr, sie trüge schon in Händen, was noch im Schoße ruhte, und eine Erscheinung von übermenschlich herrlicher Gestalt und Schönheit redete das Kind, welches sie trug, mit dem Namen Thekla an, jener Thekla, die unter den Jungfrauen so S. 339 gefeiert ist. Und nachdem die Erscheinung dies getan und dreimal wiederholt hatte, sei sie wieder verschwunden und habe ihr eine leichte Geburt verschafft, so daß sie zugleich mit dem Erwachen das im Traum Geschaute leibhaftig vor sich sah. Das war also ihr geheimer Name. Ich glaube aber, daß die Erscheinung mit jenem Ausruf nicht so sehr die Gebärende zur Benennung mit dem rechten Namen anleiten, sondern damit das Leben des Kindes voraussagen und durch den gleichen Namen auf die Gleichheit der Gesinnung hinweisen wollte.
Die hl. Emmelia. ↩
