32.
[Forts. v. S. 365 ] Nachdem das Gebet das geziemende Ende genommen, beschlich mich eine gewisse Furcht vor dem göttlichen Gebot, das da verbietet, die Scham des Vaters oder der Mutter aufzudecken. „Wie kann ich“, sagte ich, „einem solchen Gericht entgehen, wenn ich an den begreiflicherweise zerfallenen, aufgelösten und in häßliche und widerliche Ungestalt verwandelten Leibern der Eltern die dem menschlichen Geschlecht gemeinsame Scham anschaue?“ Da ich mir das erwog und der Unwille des Noe über seinen Sohn meine Furcht noch steigerte, riet mir die Geschichte des Noe, was ich tun solle. Beim Wegheben des Deckels wurden nämlich die Leiber, bevor sie uns zu Gesicht kamen, mit einem reinen Leinentuch verhüllt, indem das Linnentuch zu beiden Seiten hineingeführt wurde. Nachdem so die Leiber durch das Tuch verhüllt waren, hoben wir, ich und der vorgenannte Bischof des Bezirks, jenen heiligen Leib von der Bahre ab und legten ihn neben die Mutter, indem wir damit einen gemeinsamen Wunsch beider erfüllten. Darum beteten nämlich beide während ihres ganzen Lebens einstimmig zu Gott, daß ihre Leiber nach dem Tode miteinander vereinigt und ihre Lebensgemeinschaft auf Erden auch im Tode nicht getrennt werden möchte.
