9. Widersinn des Götzendienstes.
Aber wir ehren auch nicht mit vielerlei Opfern und Blumengewinden die, welche Menschen gebildet, in Tempeln aufgestellt und Götter genannt haben; denn wir wissen, daß diese Dinge unbeseelt und tot sind und nicht Gottes Gestalt haben - wir glauben nämlich, daß die Gottheit nicht die Gestalt hat, in der man sie zum Zwecke der Verehrung abgebildet hat -, daß sie vielmehr Namen und Formen jener sichtbar erschienenen bösen Dämonen haben. Denn was braucht man es euch, da ihr es wißt, zu sagen, zu was allem die Künstler den Stoff durch Behauen, Schnitzen, Gießen und Hämmern verarbeiten. Selbst aus gemeinen Gefäßen bildet man oft, indem man künstlich Form und Aussehen verändert, sogenannte Götter1. Wir finden das nicht nur widersinnig, sondern glauben auch, daß es zur Verhöhnung der Gottheit geschehe, die, da sie doch eine unaussprechliche Herrlichkeit und Schönheit S. 73 besitzt, nach vergänglichen und der Wartung bedürftigen Dingen genannt wird. Und daß ihre Verfertiger liederliche Leute sind und um nicht alles aufzuzählen, jegliche Schlechtigkeit an sich tragen, wißt ihr wohl; sogar ihre jungen Sklavinnen, die mit ihnen daran arbeiten, verführen sie. Welch ein Blödsinn zu sagen, daß zügellose Menschen Götter zur Anbetung bilden und umbilden und für die Tempel, wo sie aufgestellt werden, solche Menschen als Wächter anstellen, und daß man nicht einsieht, daß es ein Frevel ist zu denken oder zu sagen, Menschen seien der Götter Hüter!
Die ganze Polemik beruht auf der Voraussetzung, daß die Heiden die Götterbilder selbst für Götter und nicht bloß für Wohnsitze und Symbole der Götter hielten. Das war allerdings der Glaube des gewöhnlichen Volkes; Platon aber sagt (leges XI p. 931), daß „die Verehrung, die man diesen leblosen Dingen erweist, von den lebendigen, unsichtbaren Göttern mit vieler Huld und Gnade vergolten wird“. ↩
