13. Die Christen sind nicht gottlos.
S. 77 Daß wir nun nicht gottlos sind, da wir doch den Schöpfer dieses Alls verehren und, wie wir gelehrt worden sind, behaupten, daß er keiner Schlacht-, Trank- und Räucheropfer bedarf, und die wir ihn bei allem, was wir zu uns nehmen, durch Gebet und Danksagungswort, soviel wir können, lobpreisen, indem wir als die seiner allein würdige Ehrung nicht die kennen lernten, das von ihm zur Nahrung Geschaffene durch Feuer zu verzehren, sondern die, es uns und den Bedürftigen zugute kommen zu lassen, ihm aber zum Danke in Worten Huldigungen und Gesänge emporzusenden1 für unsere Erschaffung und für alle Mittel zu unserem Wohlsein, für die Mannigfaltigkeit der Arten und für den Wechsel der Jahreszeiten, und die wir Bitten empor senden, daß wir wieder in Unvergänglichkeit erstehen durch den Glauben an ihn - welcher Vernünftige wird das nicht einräumen? Und daß wir außerdem den, der unser Lehrer hierin gewesen und dazu geboren worden ist, Jesus Christus, der gekreuzigt wurde unter Pontius Pilatus, dem Landpfleger von Judäa zur Zeit des Kaisers Tiberius, den wir als den Sohn des wahrhaftigen Gottes erkannt haben, an die zweite Stelle setzen und daß wir den prophetischen Geist an dritter Stelle mit Fug und Recht ehren, das werden wir zeigen. Denn darin beschuldigt man uns der Torheit, indem man sagt, daß wir die zweite Stelle2 nach dem S. 78 unwandelbaren und ewigen Gott, dem Weltschöpfer, einem gekreuzigten Menschen zuweisen. Das sagt man, weil man das darin eingeschlossene Geheimnis nicht kennt. Indem wir dieses erklären, bitten wir euch, recht dabei aufzumerken.
Ähnlich sagt Justin an anderer Stelle (dial. 117): „Daß Gebete und Danksagungen, von Würdigen vollzogen, die einzigen vollkommenen und gottgefälligen Opfer sind, sage ich auch. Diese allein darzubringen haben auch die Christen gelernt, auch bei der Gedächtnisfeier ihrer trockenen und flüssigen Nahrung, bei der sie auch des Leidens gedenken, das der Gottessohn für sie erduldet hat.“ Aus diesen Worten schloß Franz Wieland (Mensa und Confessio, München 1906), daß die Christen in den zwei ersten Jahrhunderten kein reales Opfer hatten, sondern nur Gebete, besonders das konsekratorische Eucharistiegebet; vgl. dagegen Dorsch, Der Opfercharakter der Eucharistie einst und jetzt, 1909 und Rauschen, Eucharistie und Bußsakrament, 2. Aufl. 1910, 71ff. ↩
Dieser Ausdruck (ἐν δευτέρᾳ χώρᾳ ἔχοντες) und ein vorhergehender (c.12: ὁ λόγος ἀποδείκνυσιν οὗ βασιλικώτατον καὶ δικαιότατον ἄρχοντα μετὰ τὸν γεννὴσαντα θεὸν οὐδένα οἳδαμεν ὄντα) klingen subordinatorisch. Justin hielt den Sohn Gottes nicht für wesensgleich dem Vater (siehe zu ap. II 6). ↩
