18. Christliche Lehre von der Unsterblichkeit der Seele.
Schaut nur hin auf das Ende eines jeden der früheren Herrscher, sie starben den allen gemeinsamen Tod. Führte nun dieser zu einem Zustande der Bewußtlosigkeit, so wäre er für alle Ungerechten ein Glück; da aber allen, die einmal gelebt haben, Empfindung verbleibt und ewige Strafe ihnen bevorsteht, so versäumt es nicht, euch überzeugen zu lassen und zu glauben, daß diese Dinge wahr sind. Denn Totenbefragungen1 und die Beschauung der Eingeweide unschuldiger Kinder2, die Heraufbeschwörung menschlicher Geister, was die Zauberer Traumsender und Beistände nennen, und alles, was von denen, die sich darauf verstehen, vollführt wird, soll euch überzeugen, daß die Seelen auch nach dem Tode bei Bewußtsein sind, desgleichen auch die Menschen, die von den Seelen Hingeschiedener in Besitz genommen und hin- und hergezerrt werden3, die man allgemein Besessene und Rasende nennt, außerdem eure sogenannten Orakel (des Amphilochus und von Dodona und von Pytho) und alles, was sonst hierhin gehört, endlich die Aussprüche der Schriftsteller (des Empedokles und Pythagoras, des Platon und Sokrates, S. 85 die Höhle bei Homer und der Hinabstieg des Odysseus4 zur Prüfung dieser Dinge) und solcher, die dasselbe wie sie behaupten. Soviel wie diese könnt ihr auch uns gelten lassen, die wir nicht weniger als sie an Gott glauben, sondern mehr, die wir sogar hoffen, daß wir unsere toten und in die Erde gelegten Leiber wiedererlangen werden, indem wir behaupten, daß bei Gott nichts unmöglich ist.
Ein klassisches Beispiel der Totenbefragung oder des Spiritismus haben wir 1Sam 28,7 ff., wo erzählt wird, daß die Hexe zu Endor auf Bitten Sauls die Seele Samuels heraufbeschwor. ↩
Man meinte, daß die Seelen solcher Kinder die Zukunft offenbaren (vgl. Eus. h.e. 7,10 und 8,14; Socr. h.e. 3,13). ↩
Justin läßt hier sie Seelen verstorbener Menschen von anderen Menschen Besitz ergreifen; dagegen sagt Tatian (or. c. 16), daß die Besessenheit nicht von Menschenseelen, sondern von den Dämonen ausgehe. ↩
Od. 11,93 ff. ↩
