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1. Nun gestattet der Erzieher den Frauen, einen goldenen Ring zu tragen, aber auch diesen nicht zum Schmuck, sondern damit sie, weil ihnen die Sorge für den Haushalt übertragen ist, mit ihm die Dinge versiegeln können, die im Hause besonders sorgfältige Aufbewahrung verdienen. Wenn freilich alle erzogen wären, wären gar keine Siegel nötig, weil dann Diener und Herrn in gleicher Weise zuverlässig wären. Da aber der Mangel an guter Erziehung eine starke Neigung zur Ungerechtigkeit verursacht, sind Siegelringe für uns nötig geworden.
2. Aber es gibt Fälle, wo es angemessen ist, in der Strenge etwas nachzulassen. Denn manchmal muß man es Frauen, die nicht das Glück hatten, einen verständigen Mann zur Ehe zu bekommen, nachsehen, wenn sie sich schmücken, um ihrem Mann zu gefallen. Als Schranke sei ihnen aber gesetzt, daß sie nur nach dem Beifall ihrer eigenen Männer streben sollen.
3. Mir freilich wäre es lieber, wenn sie nicht auf ein schönes Aussehen des Körpers Wert legten, sondern ihre Männer durch S. a187 sittsame Gattenliebe dieses wirksame und rechtmäßige Mittel, an sich fesselten. Da es indessen ihre Männer vorziehen, bei ihrem unglücklichen Wesen zu verharren, sollen sich die Frauen, wenn sie wirklich sittsam sein wollen, vornehmen, die unvernünftigen Triebe und Begierden ihrer Männer allmählich abzuschwächen.
4. Dadurch, daß man sie nach und nach an ein sittsameres Leben gewöhnt, muß man sie unvermerkt zur Schlichtheit hinführen; denn eine würdige Lebenshaltung entsteht nicht dadurch, daß man lästigen Schwulst hinzufügt, sondern dadurch, daß man das Überflüssige beseitigt.
