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1. Ich halte es aber für richtig, daß auch die Dienerinnen, die auf der linken Seite ihrer Frauen gehen oder ihnen nachfolgen, nichts Schimpfliches reden oder tun, daß sie vielmehr von ihren Herrinnen zu anständigem Benehmen angehalten werden. Mit scharfem Tadel sagt daher der Lustspieldichter Philemon:
2. „Als hinaus ich ging, Da sehe ich, wie hinter einer edlen Frau Ein einziges hübsches Mädchen auf dem Fuße folgt. Und einer vom Plataiikon mit ihnen geht Und Blicke mit dem Mädchen tauscht.“1
3. Denn gegen die Herrin wendet sich die Zuchtlosigkeit der Dienerin, indem sie denen, die das Geringere versuchen konnten, Veranlassung gibt, sich vor dem Größeren nicht zu scheuen, insofern die Herrin durch ihre Nachsicht gegen schimpfliches Tun zu erkennen gibt, daß sie es nicht verurteilt. Wenn man sich aber nicht ungehalten über die zeigt, die sich zuchtlos benehmen, so ist das ein deutliches Kennzeichen einer Gesinnung, die einen ähnlichen Weg einschlagen will. „Denn wie die Herrin“, sagt das Sprichwort, „so ist auch der Hund.“2
4. Zum Henker schicken müssen wir aber auch das tolle Betragen beim Spazierengehen, und zwar müssen wir das würdige und langsame Gehen bevorzugen, nicht den schleppenden Schritt; auch soll man auf den Wegen nicht einherstolzieren und sich nicht immer umdrehen, um sich nach den Begegnenden umzusehen, um festzustellen, ob sie auf einen schauen, gerade als wenn man auf der Bühne in einem feierlichen Zuge einherkäme und mit dem Finger auf sich zeigen lassen wollte.
5. Man soll sich aber auch nicht, wenn man rasch bergan zu kommen strebt, von Dienern in die Höhe ziehen lassen, wie wir das von Schwelgern machen sehen, die zwar kräftig zu sein scheinen, aber infolge innerer Schlaffheit völlig verweichlicht sind. Bei einem wackeren Mann darf sich aber im Gesicht kein Zeichen von Schwäche zeigen, aber ebensowenig an einem anderen Teile des Körpers.
