82.
1. Demnach ist uns klar geworden, daß der Kuß nicht die Liebe ist. „Denn die Liebe ist Gottes.“1 „Dies aber ist die Liebe zu Gott“, sagt Johannes, „daß wir seine Gebote halten“, nicht daß wir einander mit dem Munde schmeicheln, „und seine Gebote sind nicht schwer.“2
2. Aber auch die Begrüßungen der Leute, die man gern hat, auf offener Straße3 zeigen einen unvernünftigen Mangel an Zurückhaltung, da man dadurch bei den Fernerstehenden auffallen will, und haben nicht die geringste Spur von anmutigem Wesen an sich.
3. Denn wenn es billig ist, daß wir heimlich „in einem verborgenen Gemach zu Gott beten“,4 so folgt daraus, daß wir auch dem Nächsten, den wir an zweiter Stelle lieben sollen,5 ähnlich wie Gott im geheimen und innerhalb des Hauses unsere Liebe bezeigen sollen, indem wir die rechte Zeit auskaufen.6
4. Denn „das Salz der Erde“7 sind wir; „wer S. a207 aber seinen Freund“, so heißt es, „in der Frühe mit lauter Stimme segnend begrüßt, der wird sich in nichts von dem zu unterscheiden scheinen, der Fluchworte spricht.“8
2. Es empfiehlt sich aber vor allem, daß man sich davor hütet, seine Blicke auf die Frauen zu richten. Denn man kann nicht nur durch Berührung, sondern auch durch das Schauen sündigen;9 und das muß jeder, der richtig erzogen ist, um jeden Preis vermeiden.
