3. Wie das Heer Childeberts nach Italien zog
Als dies von Grippo dem Könige gemeldet war, ließ er sofort sein Heer nach Italien aufbrechen und sandte zwanzig Herzoge(2) dorthin, um das Volk der Langobarden zu bekriegen. Ihre Namen der Reihe nach in ^>er Erzählung aufzuführen, halte ich nicht für nötig. Als aber Herzog Audovald und Wintrio(3) mit dem Volk aus der Champagne aufbrachen und zu der Stadt Metz kamen, die auf ihrem Wege lag, plünderten, mordeten und heerten sie dort so, daß man meinen konnte, sie brächten den Krieg in ihr eigenes Land. Auch andre Herzoge S. 94 taten mit ihren Scharen gleiches und fügten dem eigenen Lande und seinen Einwohnern schweren Schaden zu, ehe sie noch irgendeinen Vorteil über den Feind davongetragen hatten.
Als(1) sie sich aber der Grenze Italiens näherten, wandte sich Audovald mit sechs Herzogen zur Rechten und rückte auf die Stadt Mailand los, und in einer gewissen Entfernung davon schlugen sie ein Lager in der Ebene auf. Herzog Olo aber Wurde, als er unvorsichtig gegen Bellinzona zog, eine Burg von Mailand, die in der Caninischen Ebene(2) liegt, durch ein Geschoß unter der Brustwarze verwundet, sank nieder und starb. Auch die anderen(3) wurden, als sie auf Beute ausgezogen Waren, um sich Lebensmittel zu verschaffen, von den Langobarden überfallen und allenthalben niedergehauen. Es liegt aber in dem Gebiet der Stadt Mailand ein See, den man den Ceresischen nennt(4) aus dem fließt ein zwar nur kleiner, aber tiefer Fluß. Am Ufer dieses Sees, hörte man, lägen die Langobarden. Und als man sich dem See näherte, rief, ehe man noch den Fluß, von dem soeben die Rede war, überschritten hatte, ein Langobarde, der mit Panzer und Helm gewappnet und mit einem Speer in der Faust am ändern Ufer stand, dem Frankenheere zu: „Heute soll sich zeigen, wem die Gottheit den Sieg verleihen will". Woraus ersichtlich ist, daß die Lango- S. 95 barden es auf ein Gottesurteil durch einen Zweikampf ankommen lassen wollten(1) Darauf gingen einige über den Fluß, ließen sich mit diesem Langobarden in einen Kampf ein und hieben ihn nieder. Siehe, da wandte sich das ganze Heer der Langobarden zum Rückzug und wich dem Kampfe aus. Alsdann gingen auch die andren über den Fluß, aber sie trafen niemand von den Feinden mehr und sahen nur noch die Einrichtung des Lagers, die Plätze, wo die Feinde ihr Lagerfeuer gehabt und ihre Zelte aufgeschlagen hatten. Da sie niemand antrafen, kehrten sie wieder in ihr Lager zurück. Dort kamen zu ihnen Boten des Kaisers und meldeten, ein Heer sei zu ihrer Unterstützung in der Nähe. „Nach drei Tagen", sagten sie, „werden wir damit erscheinen, und dies soll euch zum Zeichen dienen: wenn ihr das Haus des Gehöftes, das dort auf dem Berge liegt, in Feuer aufgehen und den Rauch von dem Brande bis zum Himmel aufsteigen sehet, dann wisset, daß wir mit dem versprochenen Heere anrücken." Man wartete der Verabredung gemäß sechs Tage, doch sah man nicht, daß einer von ihnen gekommen wäre.
Chedin war dagegen mit dreizehn Herzogen zur Linken in Italien eingerückt und eroberte dort fünf Burgen, die er in Eid und Pflicht nahm. Die Ruhr suchte jedoch sein Heer schwer heim, da die Luft ungesund und seine Leute nicht daran gewöhnt waren. Viele kamen an dieser Krankheit um, bis, als Wind und Regen eintrat, die Luft sich ein wenig abkühlte und die Krankheit milderte. Kurz, drei Monate fast durchzog das Heer Italien; da es aber nichts ausrichten und dem Feinde keinen Schaden antun konnte, weil er sich in feste Burgen einschloß, da es ferner auch ihren König nicht zu erreichen und seine Rache an ihm auszulassen vermochte, dieweil er sich in S. 96 den Mauern von Pavia barg, so beschloß das Heer, wegen der ungesunden Lust, wie wir erzählt haben, von Krankheiten heimgesucht und von Hunger aufgerieben, in die Heimat zurückzukehren. Sie unterwarfen jedoch der Herrschaft des Königs alles wieder, was schon sein Vater zuvor gehabt hatte(1) und ließen ihm die unterworfenen Orte schwören, aus denen sie auch Gefangene und andere Beute mit sich fortschleppten. Auf dem Rückzuge aber litten sie, bis sie den heimischen Boden erreichten, solchen Mangel, daß sie selbst ihre Waffen und Kleider hingeben mußten, um sich Lebensmittel zu kaufen.
Aptachar(2) aber, der Langobardenkönig, schickte Gesandte an König Gunthramn mit folgender Botschaft: „Wir, o teuerster König, wünschen euch und eurem Volke treu und gehorsam zu sein, wie wir es euren Vätern waren, und wir übertreten nicht den Eid, den unsere Vorfahren euren Vorfahren geschworen haben. Stehet also davon ab, uns zu verfolgen, und lasset Friede und Eintracht zwischen uns walten, auf daß wir euch in der Stunde der Not helfen gegen eure Feinde, und unsere Widersacher, wenn sie euer und unser Volk ungefährdet und uns selbst in Frieden sehen, lieber in Schrecken geraten und ringsum erzittern, als sich über unsere Zwietracht freuen". Mit friedfertiger Gesinnung vernahm König Gunthramn diese Worte und schickte die Gesandten an seinen Neffen Childebert. Als sie ihren Auftrag bereits ausgerichtet hatten, aber noch dort verweilten, kamen andre Gesandte an und meldeten, König Aptachar sei gestorben und Paulus an seine Stelle gesetzt(3) sie überbrachten S. 97 aber zugleich dieselben Aufträge, wie die oben erwähnten. König Childebert beraumte ihnen einen Tag an, an dem er ihnen eröffnen wollte, was er für die Folge zu tun beschlossen habe, und hieß sie nach Hause gehen(1)
