12. Von Berthegundens Bosheit
Als die Nonne Jngotrude, die, wie wir in den früheren Büchern erzählten, (2) ein Frauenkloster im Borhofe des heiligen Martinus errichtet hatte, krank wurde, setzte sie ihre Nichte zur Äbtissin ein. Hierüber entstand unter den Nonnen großes Murren; da wir sie aber deshalb tadelten, ließen sie vom Hader ab. Jngotrude lebte aber mit ihrer Tochter noch in Zwietracht, deshalb weil sie ihr Eigentum ihr genommen hatte; sie drang daher darauf, es solle dieser nicht verstattet werden, in dem Kloster, das sie gegründet hatte, oder an ihrem Grabe zu beten. Sie starb, meiner Meinung nach achtzig Jahr alt, und wurde am 9. März begraben.
Es kam darauf dennoch ihre Tochter Berthegunde nach Tours. Da man sie aber nicht aufnehmen wollte, begab sie sich zu König Childebert und verlangte die Erlaubnis, an ihrer Mutter Stelle das Kloster zu leiten. Der König gedachte nicht der Entscheidung, die er einst zugunsten ihrer Mutter getroffen hatte, und gab ihr einen neuen königlichen Befehl mit, von seiner eigenen Hand unterschrieben, der besagte, daß alles, was ihr Vater und ihre Mutter besessen, in ihr Eigentum übergehen und, was Jngotrude dem Kloster hinterlassen hätte, demselben entzogen werden solle. Mit diesem Befehl erschien sie und nahm alles Hausgerät im Kloster fort, sodaß sie nichts als die nackten Wände dort zurückließ. Auch sammelte sie Verbrecher aller Art um sich, die an Gewalt- S. 109 tätigkeiten gewöhnt waren, die auch das mit fortnehmen sollten, was etwa vom Ertrag anderer Höfe vorhanden war, die sonst fromme Seelen dem Kloster geweiht hatten. So viel Böses tat sie dort, daß man kaum alles vollständig erzählen kann. Nachdem sie alles, wovon wir gesprochen haben, an sich genommen hatte, kehrte sie nach Poitiers zurück und ließ gegen die Äbtissin, die doch ihre nächste Verwandte war, viele falsche Beschuldigungen laut werden.
