11. Der Sohn Gottes ist Gott. Kinder Gottes zu werden, besteht die Möglichkeit, nicht die Notwendigkeit. Gottes Sohn wurde Mensch, damit der Mensch Sohn Gottes würde. Christus wahrer Gott und wahrer Mensch.
Schon hier findet der furchtsame und ängstliche Geist mehr Hoffnung, als er erwartete. Und zwar wird er zunächst zur Erkenntnis Gottes des Vaters befähigt. Und was er vorher über die Ewigkeit und Unendlichkeit und Gestalt Gottes aus natürlicher Neigung und Befähigung glaubte: das nimmt er jetzt hier als auch dem eingeborenen Gott eigentümlich an, ohne darum den Glauben S. 76 zu lockern, als bezöge er sich auf zwei Götter, weil er von „Gott aus Gott” hört; ohne auch zur (Behauptung einer) Verschiedenheit der Naturen zu (einem) Gott aus (einem anderen) Gott hin abzuirren, weil er von Gott aus Gott voll der Gnade und Wahrheit erfährt; ohne endlich auch den „Gott aus Gott” für später zu halten, weil er belehrt wird, daß im Anfang Gott bei Gott gewesen sei.
Danach erkennt er, daß der Glaube an diese heilbringende Erkenntnis zwar selten sei, aber ein überaus großes Geschenk sei und gebe; denn die Seinen nahmen ihn nicht auf; und die ihn aufnahmen, wurden zu Kindern Gottes erhöht, aus Ursprung des Glaubens, nicht des Fleisches. Kinder Gottes zu sein, sei aber nicht Notwendigkeit, sondern Befähigung; denn nachdem Gott sein Geschenk allen insgesamt vorgelegt habe, soll (die Gotteskindschaft) nicht aus dem Wesen der (irdischen) Eltern gegeben werden, sondern der Wille dazu erst dem Geschenk folgen. Doch damit nicht gerade dies, daß jedem die Möglichkeit gegeben sei, Kind Gottes zu sein (wegen der Erhabenheit), bei jemandem die Schwachheit ängstlich-unsicheren Glaubens es behindere (die Gotteskindschaft anzustreben), weil es wegen der innewohnenden Schwierigkeit nur schwer (zuversichtlich) erhofft wird, was mehr gewünscht und weniger geglaubt wird: darum ist das Gott-Wort Fleisch geworden, damit durch das fleischgewordene Gott-Wort das Fleisch aufstiege zum Gott-Wort. Doch (um zu überzeugen), daß das fleischgewordene Wort nicht etwas anderes sei als Gott-Wort oder nicht Fleisch von unserer Leiblichkeit, darum hat es unter uns gewohnt, um zugleich nicht etwas anderes denn Gott zu bleiben; während es aber unter uns wohnt, ist Gott nicht etwas anderes als Fleisch von unserer Wesens-Art geworden. Durch die Würdigung der Fleischesannahme ist er ein nicht unmächtiger Helfer der Seinen, weil er als der Eingeborene vom Vater voll der Gnade und Wahrheit, S. 77 also in dem Seinigen vollkommen und in dem Unsrigen wahr ist.
