21. Von der Täuschung des Abtes Johannes.
Ich habe erfahren, daß sich darin neulich auch der Abt Johannes, der in Lykon 1 wohnt, getäuscht hat. Denn als S. a318 er mit erschöpftem und ermüdetem Körper in zweitägigem Fasten Speise und Trank zu nehmen aufgeschoben hatte, da kam, als er am nächsten Tage zur Erfrischung ging, der Teufel in Gestalt eines schwarzen Äthiopiers und sprach zu seinen Füßen niedergeworfen: „Vergib, daß ich dir diese Plage eingegeben habe.“ So sah also jener große und in der Weise der Unterscheidung so vollendete Mann ein, daß er unter dem Scheine dieser ungeziemend geübten Enthaltsamkeit durch die Schlauheit des Teufels hintergangen und durch ein solches Fasten abgehetzt worden sei, daß er dem ermüdeten Körper eine nicht nöthige, sondern dem Geiste sogar schädliche Ermattung auferlegt habe. So war er also getäuscht durch eine falsche Münze, weil er voll Verehrung für das Bild des wahren Königs auf ihr zu wenig untersuchte, ob sie auch gesetzmäßig geprägt sei. — Die letzte Weise nun eines solchen bewährten Geldwechslers, von der wir oben sagten, sie bestehe in der Prüfung des Gewichtes, wird von uns dann vollständig nachgeahmt werden, wenn wir, was immer die Gedanken uns zu thun eingeben, mit aller Genauigkeit wieder und wieder hernehmen, es auf unsere innerliche Waage legen und mit pünktlichster Abwägung untersuchen, ob es vollwiegend sei an öffentlicher Ehrbarkeit, schwer an Furcht Gottes, ganz an Sinn; ob es leicht sei an menschlicher Prahlerei oder irgendwelcher neuerungssüchtigen Anmaßung; ob das Gewicht seines Verdienstes nicht eitle Ehrsucht verkleinert oder Ruhmbegierde angefressen habe. Und so wollen wir es sofort in Vergleich bringen mit dem allgemeinen Probegewicht, d. i. mit den Handlungen und Zeugnissen der Propheten und Apostel, und dann entweder annehmen als vollwerthig und vollkommen und mit jenen im Gleichgewicht, oder wir wollen es als unvollkommen und schädlich und dem Gewichte Jener nicht entsprechend mit aller Vorsicht verwerfen.
Johannes war ein durch seine Heiligkeit berühmter Anachoret bei Lykon (Lykopolis) an der Grenze der Thebais. Von ihm erzählen auch Hieronymus, Augustin u. A. und Kaiser Theodosius der Große sandte wegen seiner Prophetengabe zweimal an ihn. ↩
