1. Müßigkeit und Überfluß bergen nur tierisches Wohlsein in sich.1
S. 65 Umschau hielt ich nach der Aufgabe, die dem Menschenleben von ihm selbst und von Gott her eigne, die entweder von der (unbelebten) Natur her oder aus den Bemühungen geistiger Männer sich darböte und etwas der ihr von Gott gewährten Gnade der Erkenntnis Würdiges beitragen könne. Vieles zwar bot sich an, das nach der landläufigen Meinung das Leben scheinbar nutzbringend und erstrebenswert machen könnte, besonders dasjenige, was heutzutage und auch zu allen früheren Zeiten als das Bedeutendste unter den Sterblichen galt: Müßigkeit und gleichzeitig Überfluß. Von ihnen ist das eine ohne das andere eher Gegenstand des Schlechten als Veranlassung zum Guten; denn Tatenlosigkeit ist ersichtlich beinahe eine Verbannung des eigentlichen Lebens; und eine übersättigte Unruhe zieht um so mehr Unglück herbei, mit je größerem Unmut man gerade das vermißt, was man am heftigsten begehrt und erstrebt, um es genießen zu können. Aber wenn auch (Muße und Reichtum) die höchsten und besten Annehmlichkeiten des Lebens umschließen, so unterscheiden sie sich doch sichtlich nicht sehr vom gewöhnlichen Genügen der Tiere2, die in waldige und insbesondere futterreiche Plätze schweifen, um Sicherheit vor Bedrängnis und Sättigung aus reichlichem Futter zu gewinnen. Denn wenn dies als die S. 66 höchste und ausschließlichste Nutzung des Lebens betrachtet wird, müßig zu sein und Überfluß zu haben, dann ist sie, je nach dem Bedürfnis jeder Art, notwendig uns und den Tieren gemeinsam, für die dann eben insgesamt überfließende Fülle ohne Bemühung des Erwerbes zur Verfügung bereit ist, indem die Natur selbst mit höchster Fülle und Sicherheit der Dinge zu Diensten steht.