Viertes Kapitel. Julian bezwingt die Allemannen.
1. Als der Cäsar diese That ausgeführt hatte, sammelte er mit Muße ein zahlreiches Heer, und bereitete es zum vollen Kriege mit den Teutschen [Germanen]. 2. Auch die Barbaren stellten sich ihm in großer Anzahl entgegen; er aber erwartete ihren Anfall nicht, sondern sezte selbst1 über den Rhein, weil er es für besser hielt, nicht im Römischen, sondern im S. 226 Gebiete der Barbaren den Krieg zu führen, indem dadurch zugleich die Städte nicht durch einen abermaligen Einfall der Barbaren heimgesucht wurden. 3. Nun geschahe eine gewaltige Schlacht, und eine unzählbare Menge der Barbaren fiel in derselben. Der Cäsar verfolgte die Fliehenden bis an die Hercynischen Pässe2, richtete eine große Niederlage unter ihnen an, fieng den Sohn des Anführers der Barbaren, Badomar, lebendig3, und führte das Heer, das über den Sieg frohlockte, und die Thaten des Cäsars in Liedern prieß, in das Römische Gebiete zurücke. 4. Hierauf schickte er den Badomar dem Konstantius zu, als dessen Glücke4 er den Sieg zuschrieb. 5. Nun waren die Barbaren in die äußerste Gefahr gerathen, und fürchteten für ihre Weiber und Kinder: der Cäsar möchte auch bis zu jenen Gegenden, in welchen sie waren, durchdringen, und ihr ganzes Geschlecht ausrotten. Daher schickten sie Gesandten, die vom Frieden reden, und besonders versprechen sollten, sie wollen nicht mehr die Römer bekriegen. Der Cäsar aber antwortete: 6. nicht eher werde er über Frieden unterhandeln, bis er alle Gefangene zurück erhielte, die sie in den vorigen Zeiten aus den eroberten S. 227 Städten weggeführt haben. Sie versprachen, auch dieses zu thun, und alle, die noch übrig seyen, zurück zu geben. 7. Da nun Cäsar wissen wollte, ob keiner von den Gefangenen bei den Barbaren zurückblieb, so ersann er folgendes. 8. Er ließ aus jeder Stadt und jedem Flecken diejenigen, die entronnen waren, rufen, und verlangte, sie sollen namentlich angeben, wen die Barbaren aus jeder Stadt und jedem Flecken gefangen weggeführt hätten. 9. Jeder nannte denjenigen, den er entweder von der Verwandtschaft, oder Nachbarschaft, oder Freundschaft, oder sonsten durch einen Zufall kannte, und Julian ließ alle durch die kaiserlichen Notarien aufschreiben. Es geschahe, und die Gesandten wußten seine Anstalt nicht. 10. Als nun Julian über den Rhein gieng, erlaubte er den Gesandten, mit den Gefangenen zurück zu kommen. 11. Sie erfüllten bald den Befehl, und sagten: izt haben sie alle Gefangenen. Der Cäsar sezte sich auf einen hohen Thron, ließ die Schreiber hinter denselben stehen, und befahl, die Barbaren sollen nach dem Vertrage die Gefangenen darstellen. 12. Sie erschienen einer nach dem andern, und nannten ihre Namen; die bei dem Cäsar stehenden Notarien aber suchten die Namen in den Schriften, die sie bei der Hand hatten, verglichen diejenigen, die sie vorher aufgezeichnet hatten, mit denjenigen, die vor dem Cäsar erschienen, fanden, daß von den Bewohnern der Städte und Flecken weit mehrere angegeben waren, und zeigtens dem Cäsar, hinter welchem sie S. 228 stunden, an. 13. Nun bedrohete dieser die Gesandten der Barbaren mit Kriege, wenn sie nicht alle Gefangenen zurückgäben, und nannte ihnen diejenigen, die aus jeder Stadt und jedem Flecken fehlten, so wie die Notarien sie ihm heimlich angaben. Die Barbaren glaubten, die Gottheit selbst offenbare dem Cäsar solche verborgene und geheime Dinge, gelobten aufs neue, alle, die sie am Leben finden, zu übergeben, und leisteten hierüber einen Eid bei ihren Göttern.
