Eilftes Kapitel. Julian besteigt allein den Thron nach des Konstantius Tode, und hält sich in Antiochia auf.
S. 242 1. Während seines Aufenthalts zu Sirmium kamen Abgeordnete aus fast ganz Griechenland an, denen er das Erforderliche antwortete, und gewährte, was billig war. Hier verstärkte er auch sein Gallisches Heer aus Sirmium und den in Pannonien und Mysien gelegenen Legionen, und rückte alsdann weiter. 2. Wie er hierauf nach Naisos1 kam, untersuchte er daselbst mit den Wahrsagern, was nun zu thun sey. Das Opfer verkündigte: er solle in der Gegend bleiben. Er thats daher, und wartete auf die in dem Traume bezeichnete Zeit2. 3. Da er nun noch zu Naisos war und die Bewegung der Gestirne zusammentraf, verkündigte ihm eine Menge von Reitern aus Konstantinopel, Konstantius sey3 gestorben, und das Heer rufe ihn zur Herrschaft über das ganze Reich. 4. Er nahm es als ein Geschenk der Gottheit an, und sezte seinen Zug fort. Wie er gegen Byzantium kam, empfiengen ihn alle Einwohner mit fröhlichem Zurufe, nannten ihn ihren Mitbürger und Zögling, weil er in dieser Stadt geboren und erzogen war, und verehrten ihn als einen Mann, der für Alle ein Schöpfer ihres Glücks S. 243 seyn werde. 5. Hier richtete er nun seine Sorgfalt sowohl auf die Stadt, als die Kriegsmacht, ertheilte jener einen Senat, wie der in Rom4, und erbauete einen sehr großen Hafen, zum Schutze der Schiffe gegen die Gefahr des Südwinds, auch eine nach dem Hafen führende Halle, die mehr die Gestalt eines halben Zirkels hatte, als gerade war. Auch eine Bibliothek errichtete er in der kaiserlichen Halle, brachte alle Bücher, die er besaß, dahin, und rüstete sich übrigens zum Kriege gegen die Perser. 6. Zehen Monate verweilte er in Byzantion, ernannte den Hormisdas und Viktor zu Feldherren, übergab ihnen die Tribunen und das Heer, und zog nach Antiochien. 7. Mit welcher Ruhe und Gesezlichkeit die Soldaten den ganzen Zug vollendeten, ist nicht nöthig, zu erzählen. Denn die von Julian angeführten Völker durften nichts thun, was nicht in der Ordnung war. 8. Das Volk in Antiochien nahm ihn bei seiner Ankunft mit vieler Liebe auf. [J. 362.] Da es aber von Natur den Schauspielen ergeben war, und mehr Schwelgerei, als ernsthafte Handlungen, liebte, so gefiel ihm freilich die Klugheit und Mäßigkeit des Augustus nicht, der sich von den Schauplätzen entfernte, und sie nur selten, und nie den ganzen S. 244 Tag besuchte. 9. Sie beleidigten ihn daher durch einige sonderbare Reden5. Er aber rächte sich, nicht, daß er ihnen eine wirkliche Strafe auferlegte, sondern dadurch, daß er eine sehr witzige Rede gegen sie und die Stadt aufsezte, die solche Bitterkeit mit Spotte enthielt, daß sie hinreichend war, die Schande der Antiochier in der ganzen Welt zu verbreiten, und daß ihr Vergehen sie reuete. 10. Nichts desto weniger half er der Stadt, wo er konnte, und gestattete ihr eine große Anzahl von Senatoren, die diese Würde von ihren Vätern ableiteten, ja so gar, die von Töchtern der Senatoren geboren waren, das, wie bekannt, nur wenigen Städten vergönnt ist, und machte noch andere schöne und billige Einrichtungen, besonders aber Zurüstungen gegen die Perser.
Nizza. ↩
S. Kap. 9. ↩
In Kilikien, auf dem Zuge gegen Julian. ↩
Man bemerkt, daß Konstantinopel schon vorher einen Senat hatte, und erklärt diese Nachricht des Zosimus so, daß Julian die Gerechtsame des Senats zu K. erweiterte. Es scheint daher, daß dieser noch nicht alle Privilegien des Römischen gehabt habe. ↩
Sie hatten besonders über seinen philosophischen Bart gespottet. Daher sein Misopogon (der Bartfeind). ↩
