Ein und siebenzigstes Kapitel.
S. 110 1. Da auch Ptolemais, in Oberägypten vom Kaiser abgefallen war, und einen kurz dauernden Krieg erregt hatte, so bezwang Probus durch seine Feldherren diese Stadt und die ihr beistehenden1 Blemmyer. 2. Die Bastarnen aber, ein Scythisches Volk, das sich ihm unterwarf, nahm er auf, und wies ihnen Wohnsitze in Thracien an. Sie richteten sich forthin nach Römischen Gesetzen. 3. Von den Franken hingegen, die sich dem Kaiser unterworfen, und Wohnsitze von ihm erlangt hatten, fiel ein Theil ab,2 verschaffte sich viele Schiffe, S. 111 und beunruhigte ganz Griechenland. 4. Sogar nach Sicilien kamen sie, drangen in Syrakus ein, und verübten daselbst viele Mordthaten. 5. Nun segelten sie sogar nach Libyen, wurden aber durch eine von Karthago gekommene Kriegsmacht von da abgetrieben; doch kamen sie ohne unglückliche Zufälle wiederum nach Hause. 6. Auch trug sich unter des Probus Regierung noch folgendes zu: Es verbanden sich auf achtzig Klopffechter, ermordeten ihre Wache, drangen in die Stadt3 ein, und raubten, was ihnen unter die Hände kam; nachdem sich, wie gewöhnlich, ein großer Haufe zu ihnen gesellt hatte. Auch diese vertilgte der Kaiser durch abgeschickte Soldaten. Nach diesen Verrichtungen des Probus, der das Regiment auf eine heilsame und gerechte Weise verwaltete ― ―4 wurde er von den Soldaten bei Sirmium ermordet, welche deswegen aufgebracht waren, weil er sie nöthigte, um den morastigen Boden um seine S. 112 Vaterstadt her gesünder zu machen, die Moräste durch angelegte Gräben auszutrocknen. [Karus J. 282.] Karus, gebohren zu Narbonne in Gallien,5 Oberster der Prätorianer, als Probus ermordet ward, wurde von dem Kriegsheere, welches von nun an die Ernennung des Kaisers an sich riß,6 zum Nachfolger ausgerufen. Seine Söhne, Karinus und Numerianus ernannte er zu Cäsarn, damit sie die überall durch Barbaren angefallenen Gränzen des Römischen Reichs vertheidigen sollten. Den Karinus sandte er nach Gallien, er selbst aber zog mit dem Numerianus gegen die Sarmaten aus, und besiegte sie. Aus diesem Kriege riefen ihn Persische Kriegsunruhen ab. Er rückte also mit seinem siegreichen Heere in den Orient, überwand die Perser, und eroberte die berühmten Städte, Coche und Ktesiphon. Nach Ruhme dürstend, drang er jenseits Ktesiphon vor, starb aber an einer Krankheit, oder, nach der gewöhnlichen Meinung, durch einen S. 113 Blizstrahl im zweiten Jahre seiner Regierung. [Karinus und Numerianus J. 283.] Numerianus, ein Jüngling von vortreflicher Anlage, hatte seinen Vater auf dem Kriegszuge gegen die Perser begleitet, wurde aber, indem er wegen einer Augenkrankheit in einer Sänfte getragen wurde, von seinem Schwiegervater Aper, Obersten der Leibwache, hinterlistiger Weise aus dem Wege geschafft. Seinen, vom Aper geheimgehaltenen Tod, um die Herrschaft desto gewisser an sich ziehen zu können, verrieth der Gestank des Leichnams;7 und Diocletianus wurde, als derselbe kund geworden war, mit dem Purpur bekleidet. Karinus, welcher nach des Vaters Kriegszuge in [Diocletianus J. 284.] den Orient, das Regiment über Italien, Illyrien, Afrika und die übrigen abendländlichen Provinzen führte, zog gegen den Sabinus Julianus zu Felde, der auf die Nachricht von des Karus Tode, die Herrschaft an sich S. 114 gerissen hatte, überwältigte ihn in der Ebene von Verona, und ließ ihn hinrichten. Männer, welche durch ihre Standhaftigkeit und Weisheit sich ausgezeichnet hatten, schaffte er von seiner Seite weg, und bekleidete die niedrigen Werkzeuge seiner Wollüste mit Ehrenämtern. In einer Schlacht aber gegen den Diocletianus, welche bei Margus in Mösien vorfiel, wurde er von seinem Heere verrathen, wenigstens verlassen, und umgebracht.
Ende des ersten Buches
Blemmyer, eine Völkerschaft an der Grenze von Aegypten und Aethiopien; von welchen die Erdbeschreibung der Alten erzählt, daß sie keinen Kopf, ihre Augen und Mund aber auf der Brust hätten. In dem Triumph, welchen Probus nach glücklicher Endigung seiner vielen zum Vortheil des Staates geführten Kriege, im Jahr 281. zu Rom hielt, wurden auch von diesen Wundermenschen im Schaugepränge aufgeführt, und der Irrthum und die Erdichtung aufs beste widerlegt. ↩
Vopiscus im 18. K. der Kaisergeschichte des Probus sagt: Probus habe hundert tausend Bastarnen in das Römische Gebiete verpflanzt; welche sämmtlich in der Treupflicht verharret. Aber die von den andern deutschen [germanischen] Völkern übergeführten, nämlich von den Gepiden, Gautunnen und Vandalen haben ihre Treupflicht gebrochen. ↩
Rom. ↩
In allen Handschriften des Zosimus fehlet von hier an der Schluß des ersten Buches. Das Fehlende, wovon zu glauben, daß es wohl mehrere Blätter betragen müßte, liefern wir hier in einem kurzen Auszuge: aus dem lateinischen Supplement übersetzt, das in der vor uns liegenden Reitemeierischen Ausgabe, eingeschaltet ist. ↩
Narbonne in Illyrien, wird von glaubwürdigen Schriftstellern dafür angegeben. ↩
Vorher hatte es noch Beispiele gegeben, daß entweder die Legionen vom Senate einen Kaiser verlangten, oder daß die von denselben ernannten Kaiser die Genehmigung des Senats nachsuchten. ↩
Gibbon Abnahme und Fall d. R. R. II, 128. macht sich über die Art, wie Numerians Tod entdeckt worden seyn soll, nicht ohne Grund lustig. Waren, so fragt er, in der kaiserlichen Haushaltung keine Spezereien zu finden? ↩
