Kapitel XV. Athanasius und Paulus gehen nach Rom und erhalten von Bischof Julius Briefe, um ihre jeweiligen Diözesen wiederzuerlangen.
Unterdessen erreichte Athanasius nach einer längeren Reise endlich Italien. Der westliche Teil des Reiches befand sich damals unter der alleinigen Herrschaft von Constans, dem jüngsten Sohn Konstantins, da sein Bruder Konstantin, wie bereits erwähnt, von den Soldaten getötet worden war. Zur gleichen Zeit trafen auch Paulus, Bischof von Konstantinopel, Asklepas von Gaza, Marcellus von Ancyra, einer Stadt in Kleingalatien, und Lucius von Adrianopel, die wegen verschiedener Anklagen angeklagt und aus ihren verschiedenen Kirchen vertrieben worden waren, in der Kaiserstadt ein. Dort legte jeder seinen Fall vor Julius, dem Bischof von Rom, dar. Dieser schickte sie aufgrund des besonderen Privilegs der Kirche von Rom wieder in den Osten zurück und bestärkte sie mit lobenden Briefen; gleichzeitig gab er jedem seinen Platz zurück und tadelte diejenigen, von denen sie abgesetzt worden waren, scharf. Im Vertrauen auf die Unterschrift des Bischofs Julius verließen die Bischöfe Rom und nahmen ihre eigenen Kirchen wieder in Besitz, wobei sie die Briefe an die Adressaten weiterleiteten. Diese sahen sich durch die Vorwürfe von Julius beleidigt, beriefen ein Konzil in Antiochia ein, versammelten sich und diktierten eine Antwort auf seine Briefe als Ausdruck der einhelligen Meinung der gesamten Synode. Sie sagten, es sei nicht seine Sache, ihre Entscheidungen in Bezug auf diejenigen, die sie aus ihren Kirchen ausschließen wollten, zur Kenntnis zu nehmen; denn sie hätten sich ihm nicht widersetzt, als Novatus aus der Kirche ausgeschlossen wurde. Diese Dinge teilten die Bischöfe der Ostkirche Julius, dem Bischof von Rom, mit. Da aber beim Einzug des Athanasius in Alexandrien von den Anhängern Georgs des Arianers ein Tumult ausgelöst wurde, in dessen Folge, wie es heißt, viele Menschen getötet wurden, und da die Arianer bestrebt sind, das ganze Odium dieses Vorgangs auf Athanasius als dessen Urheber zu schieben, ist es angebracht, einige Bemerkungen zu diesem Thema zu machen. Gott, der Richter aller, kennt allein die wahren Ursachen dieser Unruhen; aber niemand, der Erfahrung hat, kann sich der Tatsache verschließen, dass solche tödlichen Unfälle zum größten Teil eine Begleiterscheinung der unruhigen Bewegungen des Volkes sind. Es ist daher vergeblich, wenn die Verleumder des Athanasius ihm und besonders Sabinus, dem Bischof der makedonischen Häresie, die Schuld zuschieben. Denn hätte dieser über die Zahl und das Ausmaß des Unrechts nachgedacht, das Athanasius zusammen mit den übrigen Anhängern der Konsubstantialitätslehre von den Arianern erlitten hat, oder über die vielen Klagen, die von den wegen Athanasius einberufenen Synoden darüber erhoben wurden, oder kurz über das, was dieser Erzketzer Macedonius selbst in allen Kirchen angerichtet hat, so hätte er entweder ganz geschwiegen oder, wenn er zum Reden gezwungen worden wäre, anstelle dieser Vorwürfe einleuchtendere Worte gesprochen. Aber da er all diese Dinge absichtlich übersieht, stellt er die Tatsachen absichtlich falsch dar. Er erwähnt jedoch den Ketzer mit keinem Wort, da er die kühnen Ungeheuerlichkeiten, deren er ihn für schuldig hielt, mit allen Mitteln zu verbergen suchte. Und was noch außergewöhnlicher ist, er hat kein einziges Wort zum Nachteil der Arianer gesagt, obwohl er weit davon entfernt war, ihre Gefühle zu teilen. Die Ordination des Macedonius, dessen ketzerische Ansichten er übernommen hatte, hat er ebenfalls mit Schweigen übergangen; denn hätte er sie erwähnt, hätte er notwendigerweise auch seine Ungerechtigkeiten aufzeichnen müssen, die bei dieser Gelegenheit am deutlichsten zutage traten. Dies soll zu diesem Thema genügen.
