29. Wie Fredegunde Mörder gegen Childebert absandte
Und obschon dies König Gunthramn hinterbracht und auch seinem Neffen Childebert zur Kenntnis mitgeteilt worden war, ließ Fredegunde doch zwei Dolche von Eisen machen, die sie mit tiefen Rinnen versehen und in Gift tauchen ließ, auf daß, wenn der Todesstoß die Lebensnerven nicht träfe, mindestens das beigebrachte Gift schnell dem Leben ein Ende machte. Diese Dolche übergab sie zwei Geistlichen und sprach zu ihnen also: „Nehmet diese Dolche und eilet so schnell als möglich zu König Childebert. Stellet euch, als wäret ihr Bettler, und werfet euch ihm zu Füßen, gleich als ob ihr ihn um eine Gabe bätet, und dann durchbohrt ihm beide Seiten, auf daß endlich Brunichilde, deren Hochmut nur auf seiner Macht fußt, durch seinen Sturz ins Verderben gerate und sich mir unterwerfen muß. Sollte der Knabe aber so ängstlich bewacht werden, daß ihr nicht zu ihm gelangen könnt, so tötet sie selbst, meine Feindin. Zum Lohn für diese Tat will ich, wenn ihr ja euer Leben dabei einbüßen solltet, eure Verwandten reich bedenken, ihnen viele Geschenke geben und sie angesehen in meinem Reiche machen. Lasset indessen alle Furcht fahren und bannet das Bangen des Todes aus eurem Herzen. Denn ihr wisset, dieser steht uns Menschen allen doch bevor. Rüstet euch also mit Mannhaftigkeit und bedenket: schon oftmals sind tapfere Männer S. 287 im Kampfe gefallen, ihre Angehörigen aber, durch ihren Tod zum Adel emporgestiegen, ragen dafür jetzt über alle an unermeßlichen Schätzen hervor und sind die Ersten im Reiche." Als das Weib so sprach, fingen die Geistlichen an zu zittern und meinten, schwer halte es solche Befehle zu vollführen. Aber Fredegunde gab ihnen, als sie sie schwanken sah, einen Zaubertrank und zeigte ihnen an, wohin sie gehen sollten. Und sogleich wuchs ihnen der Mut, und sie versprachen, sie würden alles vollführen, was sie ihnen befohlen. Aber sie hieß sie noch ein kleines Gefäß voll desselben Tranks mitnehmen und sprach: „An dem Tage, wo ihr vollführt, was ich euch geboten habe, nehmet morgens, ehe ihr euer Werk beginnt, diesen Trank, und es wird euch an Kraft nicht gebrechen, es zu vollführen1." Als sie jene so unterwiesen hatte, ließ sie sie ziehen. Sie machten sich auf den Weg und kamen bis zur Stadt Soissons; da ließ sie aber Herzog Rauching gefangen nehmen, und bei der Untersuchung gestanden sie alles und wurden in den Kerker geworfen.
Einige Tage nachher sandte Fredegunde, in der sicheren Meinung, daß schon ausgeführt sei, was sie befohlen hatte, einen ihrer Leute aus, um zu erkunden, was man unter dem Volke redete, und ob er auf einen stieße, der schon von Childeberts Ermordung spräche. Der Mann machte sich auf den Weg und kam nach der Stadt Soissons. Als er hier vernahm, daß jene im Kerker säßen, eilte er zur Pforte desselben, wurde aber, als er mit den Wächtern ein Gespräch anfing, selbst angehalten und in den Kerker gebracht. Darauf wurden sie alle drei miteinander zu König Childebert gesandt und gestanden bei dem Verhöre die Wahrheit, indem sie aussagten, sie seien von Fredegunde ausgesandt worden, ihn zu töten. „Wir haben", sagten sie, „das Gebot der Königin empfangen, uns S. 288 zu stellen, als ob wir Bettler wären, und wenn wir dir zu Füßen lägen und dich um ein Mmosen ansprächen, wollten wir dich mit diesen Dolchen durchbohren. Und hätte der Dolch, zu träge, sein Werk nicht vollbracht, wenn wir vielleicht nicht fest genug trafen, so würde doch das Gift, in welches das Eisen getaucht ist, schnell dir in das Leben ge-drungen sein." So sprachen sie. Sie wurden dann allen möglichen Martern unterworfen, Hände, Ohren und Nasen ihnen abgeschnitten, und fanden auf verschiedene Weise den Tod.
Vgl. B. VII. Kap. 14 (S. 204 Anm. 1.) ↩
