22. Welches das allgemeine Maaß des Fastens und der Labung sei.
Das allgemeine Maaß der Enthaltung ist jedoch Dieß, daß je nach der Fähigkeit der Kräfte oder des Körpers oder des Alters Jeder sich so viel Speise erlaubt, als die Erhaltung des Leibes, nicht aber das Verlangen nach Sättigung erfordert. Denn wer in seinem ungleichen Verhalten jetzt den Leib durch die Dürre des Fastens einschnürt, jetzt durch zu vieles Essen auftreibt, wird in beiden Fällen den größten Nachtheil dulden. Wie nemlich der Geist durch den Mangel der Speise erschöpft die Kraft zum Gebete verliert, da er durch die zu große Schwäche des Körpers gedrückt zum Schlafe gedrängt wird: so kann er wieder durch zu große Gefräßigkeit niedergehalten seine Gebete zu S. a350 Gott nicht rein und leicht aussenden. Aber nicht einmal die Keuschheit kann er in ununterbrochener Beständigkeit rein bewahren, da ihm selbst an jenen Tagen, an welchen er das Fleisch mit größerer Enthaltsamkeit zu züchtigen scheint, doch der Stoff der frühern (überreichen) Speise das Feuer der fleischlichen Begierde entzündet, obwohl in der Gegenwart sein Körper schwach ist.
