28.
„Aber der ältere Sohn dieses Mannes war auf dem Felde.“ 1 Bisher ging es um die Person des jüngeren Sohnes, der in unserem Gleichnis auf die Zöllner und Sünder zu deuten ist, die vom Herrn zur Buße gemahnt werden, bei geistiger Deutung aber prophetisch auf die Berufung der Heiden hinweist. Jetzt beschäftigt sich der Text mit dem älteren Sohne, den viele schlechthin auf die Person aller Heiligen, viele aber ausschließlich nur auf die Juden deuten. Die Beziehung auf die Heiligen bietet keine Schwierigkeit, soweit es heißt: S. b320 „Nie habe ich Dein Gebot übertreten.“ 2 In Verlegenheit könnte nur der Umstand bringen, daß der ältere Sohn die Heimkehr des Bruders mit neidischem Auge sieht. Denkt man aber an die Juden, dann paßt wohl die Scheelsucht über die Rettung des Bruders; aber es ist unverständlich, wie sie sagen können, sie hätten niemals des Vaters Gebot übertreten. Meine Meinung über diese Dinge werde ich versuchen an passender Stelle darzulegen. „Es war aber der ältere Sohn auf dem Felde.“ 3 Er plagte sich mühsam in irdischer Beschäftigung, weit ab von der Gnade des Heiligen Geistes, unzugänglich den Ratschlägen seines Vaters. Er ist es, der spricht: „Ich habe einen Acker gekauft und muß hingehen, um ihn zu besichtigen; ich bitte dich, halte mich für entschuldigt.“ 4 Er ist es, der sich die fünf Joch Ochsen anschafft 5 und, niedergedrückt von der Last des Gesetzes, in der Freude an irdischen Genüssen aufgeht. Er ist es, der sich ein Weib genommen und deshalb nicht zur Hochzeit kommen kann; 6 denn fleischlich geworden kann er keine Verbindung eingehen mit dem Geiste. In seiner Person stoßen wir auf die Arbeiter des Weinberges, die um die erste, dritte, sechste und neunte Stunde, also zu verschiedenen Zeiten, zum Weinberge gesandt werden und sich darüber entrüsten, daß man ihnen die in der elften Stunde Berufenen gleichstellt. 7
