Nr. 10
Was sagt ihr heilige und unbefleckte Vorsteher der Religionen? Die Götter haben also Geschlechte und tragen die Schändlichkeit der Zeugungstheile, welche mit Namen zu nennen dem schamhaften Munde zur Schmach gereicht, mit sich umher? Was erübrigt nun noch, als daß wir sie nach des einstimmig Viehes Weise der Brunst ihrer Begierden sich hingebend, zu wechselseitiger Begattung mit heftiger Lust hineilend und endlich durch Wollust entkräftet, mit geschwächten und erschlafften Körpern ermattend glauben. Und insofern einigen das weibliche Geschlecht eignet, so folgt, daß wir auch diese nach umgelaufenen Monden ihre Regeln erfüllend, widrige Empfängniß herbeiführend und aufnehmend, unzeitig gebährend, austragend und die Frucht nach sieben Monaten oftmals unzeitig bringend glauben. O der reinen, der heiligen von aller Makel der Unanständigkeit abgesonderten und getrennten Gottheit! Die Seele begehrt und erglüht, in jenen geräumigen Sälen und Hallen des Himmels die Götter und Göttinnen mit unbedeckten und nackten Körpern zu schauen, die von Jaccho hochgebrüstete Ceres, wie Lukrez (von der Natur Dinge IV, 1164) aussagt, den hellespontischen Priap, wie er in Mitte der jungfräulichen und mütterlichen Göttinnen jene Dinge offen herumträgt, immer bereit zum Kampfe. Sie begehrt, sag' ich, die Schwangeren, die entbindenden Göttinnen zu schauen, wie die einen bei täglich zunehmendem Leibe mit der Beschwerlichkeit der Bürde weilen, die anderen nach langer Zögerung gebären und die Hilfe der Wehmutter verlangen; wie andere getroffen von heftigen Pfeilen und der Schärfe der Schmerzen heulen, sich krümmen und während dem Allem den Beistand der Juno Lucina anschreien. Ist es nicht besser die Götter zu schmähen, zu lästern und ihnen sonstigen Schimpf anzuthun, als solche monströse Meinungen unter frommer Hülle von denselben unschicklich zu glauben?
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