Nr. 24
Man sagt, Niemand ruft die Schutzgötter an, und um deßwillen vernachlässigen die Einzelnen den gewöhnlichen Dienst und Beistand. Wenn also die Götter keinen Weihrauch undd kein Opferschrot empfangen, so können sie nicht wohlthun? und erblicken sie ihre Altäre nicht triefend von Thierblut, so entziehen sie ihren Schutz? Aber ich urtheilte kurz vorher, der Götter Wohlthaten seyen freiwillig und von freien Stücken spendeten sie die unerwarteten Gaben ihrer Güte: denn wird wohl der König des Himmels sich durch irgend eine Opferung oder ein Schlachtthier bitten lassen, Alles was zum Leben gehört, dem Geschlechte der Sterblichen zu schenken? Giebt nicht Gott der Sonne zeugende Hitze, die Nacht, die Winde, den Regen, die Früchte allen insgesammt gleichmäßig, den Guten, Bösen, Gerechten, Freien, Sklaven, Armen und Reichen? denn das ist des mächtigen und wahren Gottes Eigenthümlichkeit, ungebeten der Noth und dem Elend, dem von vielfältigen Widerwärtigkeiten immer Umlagerten Wohlthaten zu gewähren: denn nach dargebrachten Opfern die Bitte gewähren, heißt nicht den Flehenden helfen, sondern der eigenen Güte Mildthätigkeit verkaufen. Wir Menschen scherzen und treiben mit solcher Sache Muthwille, und uneingedenk, was Gott sey, was seine Erhabenheit, maßen wir, was immer Geringes oder Unfläthiges wir durch muthmaßliche Gläubigkeit erdenken können, dem göttlichen Beistande an.
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