19. Von dem Almosen des Tiberius
Als aber Kaiser Justinus den Verstand verloren hatte und blödsinnig geworden war und sein Reich durch die Kaiserin Sophia allein regiert wurde, erwählte das Volk, wie wir schon im vorigen Buch erzählt haben(4), den Tiberius zum Cäsar(5), einen tüchtigen, rüstigen, verständigen und wohltätigen Mann, den besten Sachwalter der Armen. Und da S. 47 er von den Schätzen, welche Justinus angehäuft hatte, viel an die Armen verteilte, ließ ihn die Kaiserin deshalb öfters hart an, daß er den Staat in Not bringe. „Was ich", sagte sie, „in vielen Jahren gesammelt habe, wirst du in kurzer Zeit verschwenderisch zerstreuen." Er gab ihr aber zur Antwort: „Unserm Schatze wird es nicht fehlen, wenn nur die Hilflosen ihr Almosen empfangen und die Gefangenen gelöst werden. Tenn das ist in Wahrheit ein großer Schatz, wie der Herr spricht: .Sammelt euch Schätze im Himmel, da sie weder Motten noch Rost fressen, und da die Diebe nicht nach graben noch stehlen Was Gott uns also gegeben hat, davon laßt uns durch die Armen Schätze sammeln im Himmel, damit der Herr uns segnen wolle auch in der Zeitlichkeit." Und da er, wie wir schon gesagt haben, ein frommer und wahrer Christ war, gab ihm der Herr, da er als ein froher Geber den Armen Beistand lieh, immer mehr und mehr. Denn als er einst in seinem Palaste herumwandelte, sah er in dem Estrich desselben eine Marmortafel, in die des Herrn Kreuz gegraben war, da sprach er: „Mit deinem Kreuze, o Herr, waffnen wir unsre Stirn und unsre Brust, und siehe, wir treten hier dein Kreuz mit Füßen." Und eiligst befahl er, die Tafel auszuheben. Als sie aber ausgehoben und aufgerichtet wurde, fand man unter derselben noch eine zweite, die hatte das nämliche Zeichen. Da man ihm das verkündigte, befahl er auch diese auszuheben. Und als diese fortgeschafft war, fand man auch noch eine dritte, und sie ward ebenfalls auf sein Geheiß fortgeschafft. Da sie aber aufgehoben war, fand man einen großen Schatz, der enthielt mehr als tausend Zentner Goldes. Und als der Schatz erhoben war, teilte er den Armen noch reichlicher mit, als er vorher getan hatte. Und es ließ ihm Gott wegen seines guten Willens niemals an etwas
Im PDF fehlen S. 48 und 49
