16.
Gleichwohl wurde ein solcher (Gefängniswärter) von der Bravheit des Jünglings so bezwungen, dass er ihm nicht nur Ruhe und Sicherheit (gegen schlechte Behandlung) gewährte, sondern auch die Aufsicht über alle Gefangenen übertrug, so dass er selbst des äusseren Ansehens wegen nur noch dem Namen nach Gefängniswärter blieb, den tatsächlichen Dienst aber dem Jüngling überliess, wovon die Gefangenen keinen geringen Vorteil hatten. Sie glaubten den Ort nicht mehr Gefängnis nennen zu dürfen, sondern Besserungshaus; denn statt durch Martern und Strafen, die sie Tag und Nacht in Hieben und Fesseln und allen möglichen Misshandlungen zu erleiden hatten, wurden sie jetzt durch philosophische Reden und Lehren zurechtgewiesen, wie auch durch das Verhalten des Belehrenden, das noch wirkungsvoller war als alles Reden. Indem er ihnen nämlich sein enthaltsames und tugendhaftes Lehen wie ein gut gemaltes Bild vor Augen stellte, führte er selbst solche auf den rechten Weg zurück, die ganz unverbesserlich zu sein schienen; die langwierigen Krankheiten der Seele hörten bei ihnen allmählich auf, sie machten sich bereits Vorwürfe wegen der von ihnen begangenen Übeltaten und bereuten und riefen aus: „Wo war eigentlich das Gute, das wir früher verfehlt haben? Denn siehe, da es zum Vorschein kommt, schämen wir uns in unser schlechtes Betragen wie in einen Spiegel
hineinzusehen".
