35.
Am folgenden Tage mit dem Frührot lässt Joseph den Verwalter seines Hauses holen und befiehlt ihm, die Säcke der Männer, die sie mitgebracht hatten, mit Getreide zu füllen und wiederum an den Öffnungen das Geld in Beuteln hinzulegen, in den Sack des Jüngsten aber auch noch den schönsten seiner silbernen Becher, aus dem er selbst zu trinken gewohnt war. Der Verwalter führte bereitwillig den Auftrag aus, ohne einen Zeugen zuzulassen; sie aber wussten nichts von dem heimlichen Tun und zogen ab in voller Freude über alles Gute, das sie wider Erwarten erfahren hatten. Denn was sie erwarteten, war dies: dass sie wegen Entwendung des zurückgegebenen Geldes eine Anklage zu bestehen haben, dass sie den als Geisel zurückgelassenen Bruder nicht zurückerhalten und vielleicht dazu noch den jüngsten verlieren werden, denn er würde gewaltsam zurückgehalten werden von dem Manne, der so eifrig gewünscht hatte, dass er mitgebracht werde. Was aber wirklich geschah, ging noch über die höchsten Wünsche hinaus: abgesehen davon dass keine Anklage erhoben wurde, teilten sie „Tisch und Salz" mit ihm, was als Symbol echter Freundschaft bei den Menschen gilt, hatten sie den (gefangenen) Bruder unverletzt zurückerhalten, ohne dass einer darum zu bitten brauchte, und den jüngsten führten sie heil zum Vater zurück, während sie selbst dem Argwohn der Kundschafterei entronnen waren und reichen Vorrat an Nahrungsmitteln heimbrachten und Gutes auch für die Zukunft erwarten durften; denn wenn die Lebensmittel noch öfter ausgehen sollten, sagten sie sich, werden wir nicht mehr wie früher ängstlich, sondern freudig die Reise zu dem Landesverweser wie zu einem Angehörigen, nicht wie zu einem Fremden, unternehmen.
