14.
Celsus nimmt „bei vielen Völkern das Vorhandensein einer Glaubensverwandtschaft“ an und zählt alle die Völker bei S. 22 Namen auf, die nach seiner Ansicht ursprünglich eine solche Glaubenslehre gehabt haben. Ich weiß nicht, warum er hierbei den Juden allein Unrecht tut, indem er ihr Volk nicht mit zu den übrigen rechnet als ein solches, das entweder zusammen mit jenen tätig und gleichgesinnt gewesen sei, oder doch in vielen Beziehungen ähnliche Lehren gehabt habe. Billigerweise nun könnten wir ihn fragen, warum er eigentlich den Berichten der Barbaren und Griechen über das Altertum der von ihm aufgeführten Völker Glauben geschenkt hat und nur die Erzählungen dieses Volkes als lügenhaft erklärt? Denn wenn alle Schriftsteller die Sitten und Gebräuche ihrer Völker wahrheitsliebend dargestellt haben sollen, warum halten wir die jüdischen Propheten allein für nicht glaubwürdig? Wenn aber Moses und die Propheten parteiisch und zugunsten ihrer eigenen Lehre vieles über die bei ihnen herrschenden Zustände aufgezeichnet haben, warum wollen wir das gleiche nicht auch von den Schriftstellern bei den übrigen Völkern sagen? Oder verdienen die Ägypter, wenn sie in ihren Geschichtsbüchern von den Juden Schlimmes erzählen, Glauben für ihre Berichte über die Juden, während die Juden lügen müssen, wenn sie es mit den Ägyptern ebenso machen und aufzeichnen, dass diese ihnen viel Unrecht getan und deshalb von Gott gestraft worden seien? Und dies gilt nicht bloß von den Ägyptiern allein; wir werden nämlich auch in den alten Chroniken der Assyrier Berichte von feindlichen Zusammenstößen dieses Volkes mit den Juden finden. Ebenso haben auch die Geschichtsschreiber der Juden - um nicht voreingenommen zu scheinen, sage ich nicht1: die Propheten - in ihren Büchern die Assyrier als ihre Feinde bezeichnet. Man beachte nun hier sofort die Selbstsucht dieses Mannes, der den einen Völkern, da er sie für weise hält, Glauben schenkt, die andern aber geringschätzt, weil sie ganz unverständige Leute seien. Man höre nämlich den Celsus reden: „ Es ist eine alte, aus früheren Zeiten stammende S. 23 Lehre, womit sich stets die weisesten Völker und Städte und weise Männer beschäftigt haben.“ Die Juden aber wollte er nicht als eines „der weisesten Völker“ bezeichnen oder auch nur ungefähr „den Ägyptiern, Assyriern, Indern, Persern, Odrysen, Samothrakern und Eleusiniern“ in diesem Punkt an die Seite stellen.
Siehe Scan. ↩
