29.
Was schliesslich das Verbot betrifft, seine Frau aus der Ehe zu entlassen (deut. 24,1/Mt. 5,31), was könnte ich da anderes und Treffenderes aus jenen Büchern zitieren, als das, was der Herr selber in seiner Antwort an die Juden sagte, die ihn zu diesem Thema befragten? Als sie ihn nämlich fragten, ob es irgend einen Grund gebe, der es erlaubte, die Ehefrau aus der Ehe zu entlassen, sagte er zu ihnen (Mt. 19,4 ff.): Habt ihr nicht gelesen, dass der Schöpfer der Menschen sie von Anfang an als Mann und als Frau geschaffen hat [cf. Gen. 1,27], und dass er gesagt hat [gen. 2,24]: ‛Darum wird der Mann Vater und Mutter verlassen und sich an seine Ehefrau binden; und die Zwei werden in einem Fleisch sein’. Deshalb sind sie schon nicht mehr zwei, sondern ein Fleisch. Was also Gott verbunden hat, soll der Mensch nicht trennen. Da habt ihr es: Die Juden, die glauben, nach dem Willen des mosaischen Gesetzes zu handeln, wenn sie ihre Ehefrau entlassen, müssen sich aus den Büchern des Moses belehren lassen, dass man seine Ehefrau nicht entlassen darf. Zugleich erfahren wir hier durch das persönliche Zeugnis Christi, dass Gott Mann und Frau geschaffen und in der Ehe vereinigt hat, was die Manichäer leugnen, womit sie sich des Widerspruchs nicht mehr nur gegen das Buch Moses, sondern auch gegen das Evangelium Christi schuldig machen. Wenn sodann wahr ist, was die Manichäer mutmassen und verkünden, dass nämlich der Teufel Mann und Frau geschaffen und miteinander vereinigt habe, dann zeugt es von geradezu teuflischer Verschlagenheit des Faustus, Moses vorzuwerfen, er zerstöre mit seiner Scheidungsurkunde die Ehe, Christus aber dafür zu loben, dass er mit dem Gebot des Evangeliums jenes auf so zweifelhafte Weise geknüpfte Eheband noch verstärke, wo er doch, folgte er seiner törichten und gotteslästerlichen Aussage, vielmehr Moses loben müsste, weil er, was der Teufel geschaffen und vereinigt hatte, trennte, Christus dagegen tadeln müsste, weil er jene Schöpfung des Teufels und das Band, das sie verknüpfte, noch fester knüpfte. Wie aber erklärt nun der gute Lehrer, warum der gleiche Moses, aus dessen Buch (cf. Gen. 2,24) das Zitat stammt über die unantastbare Reinheit der Ehe, die durch keine Trennung verletzt werden darf, und die begründet ist in der seit Urbeginn bestehenden Verbindung von Mann und Frau, später dennoch die Entlassung der Ehefrau gestattet hat? Denn als die Juden Christus antworteten (Mt. 19,7.): Wozu hat dann Moses vorgeschrieben, dass man der Frau eine Scheidungsurkunde gibt, bevor man sie aus der Ehe entlässt (cf. Deut. 24,1)?, sagte er zu ihnen (ib. 8): Moses hat euch wegen eurer Herzenshärte erlaubt, eure Ehefrauen zu entlassen. Genau diese Frage haben wir kurz vorher erläutert (Kap. 26). Wie gross muss diese Härte gewesen sein, dass sie sich nicht einmal durch den Einschub jenes Scheidungsbriefes, bei dessen Ausstellung sich den gerechten und sachkundigen Ratgebern die Gelegenheit zum Zureden bot, erweichen oder umstimmen liess, sodass die eheliche Liebe neu aufleben oder wiedererweckt werden konnte? So zeigte der Herr, jeweils gestützt auf das Zeugnis des Gesetzes, was das Gesetz von den Guten verlangte, den Herzensharten dagegen zugestand: mit Hinweis auf ein und dieselbe Schrift mahnte er einerseits, – indem er die dort erwähnte Verbindung von Mann und Frau zitierte (cf. Gen. 2,24) -– dass der Mann seine Ehefrau nicht entlassen dürfe und erklärte die göttliche Urheberschaft jener Verbindung, zeigte aber anderseits, dass der Mann zumindest einen Scheidungsbrief ausstellen müsse (cf. Deut. 24,1), und zwar im Hinblick auf seine Herzenshärte, sei es um diese zu bezwingen, sei es dass sie unbezwinglich ist.
