40. Knaben, welche einem entfernten Kranken Feigen bringen sollten, wollten lieber in der Wüste verhungern, als dieselben genießen.
Weil an der Stelle, wo ich von der Strenge des Fastens S. 132 und der Enthaltsamkeit Etwas zu sagen mir vorgenommen habe, Gesinnungen und Werke der Liebe eingestreut erscheinen, will ich wieder zu meinem vorgesteckten Ziele zurückkehren und in dieses Werk eine merkwürdige That einflechten, verrichtet von Solchen, die zwar dem Alter, doch nicht der Gesinnung nach Knaben waren. Zur größten allgemeinen Verwunderung hatte einst Jemand Feigen aus dem mareotischen Libyen dem Hausmeister in der scythischen Wüste gebracht, welcher die Verwaltung des Klosters von dem seligen Priester Paphnutius überkommen hatte und sie noch zu dessen Lebzeiten in Händen hatte. Dieser schickte die Feigen durch zwei Knaben sofort zu einem Greis, der im Innern der Wüste an einer bösartigen Krankheit litt. Der Kranke aber wohnte achtzehn Meilen weit von dem Kloster entfernt. Die Knaben nahmen das Obst in Empfang und gingen auf die Zelle des Alten zu; plötzlich jedoch entsteht ein dichter Nebel, und sie verlieren den rechten Weg, was dort sehr leicht auch älteren Leuten zu begegnen pflegt. Den ganzen Tag und die ganze Nacht laufen sie in der weiten unwegsamen Wüste umher und können des Kranken Zelle nicht finden. Von der Ermüdung des Weges, wie von Hunger und Durst erschöpft fallen sie auf die Kniee nieder und geben betend dem Herrn ihre Seele zurück. Später verfolgte man lange und genau ihre Spuren, die in jenen Sandgegenden wie in Schnee gedrückt erscheinen, bis der schon bei leisem Windeshauch zerstiebende feine Sand sie wieder bedeckt. Da fand man, daß sie die Feigen unberührt, wie sie dieselben empfangen, aufbewahrt hatten; denn sie wollten lieber ihr Leben als das ihnen anvertraute Gut preisgeben und lieber das zeitliche Leben verlieren, als des Vorstehers Gebot verletzen.
