Zweiter Artikel. Die göttliche Dreieinigkeit und die ihre Kenntnis vermittelnden Begriffe.
a) Es scheint, daß man sich solcher Begriffe oder notiones nicht bedienen sollte. Denn: I. Dionysius sagt (I. de div. nom.): „Man solle, wenn man über Gott spräche, sich nur jener Ausdrücke bedienen, welche in der Schrift ständen.“ Von solchen „notiones“ aber findet sich nichts in der Schrift. Il. Was von Gott ausgesagt wird, das muß entweder von der Einheit des Wesens gelten oder von der Dreiheit der Personen. Solche „bekanntmachenden Begriffe“ aber können nicht auf die Einheit des Wesens sich beziehen; denn wir sagen nicht: Die „Vaterschaft“ sei weise, sie schaffe. Sie gelten auch nicht von der Dreiheit der Personen; denn wir sagen nicht: Die „Vaterschaft“ zeugt; die „Sohnschaft“ wird gezeugt. Also. III. In einfachen Dingen sollen keine von der Wirklichkeit absehenden, keine abstrakten Namen, die also nur von der Vernunft allein herkommen, gebraucht werden als Principien für das Erkennen. Denn solche ganz einfache Seinsarten werden durch sich selbst erkannt; sie sind ohne die Arbeit der abstrahierenden Vernunft erkennbar. Die göttlichen Personen aber sind im höchsten Grade „einfach“. Also soll man von ihnen keine begrifflich abstrakten Namen gebrauchen; um die Kenntnis derselben zu erleichtern. Auf der anderen Seite sagt Joan. Damasc. (III. de orth.fide cap. 5.): „Den Unterschied der Personen in Gott erkennen wir in drei Eigenschaften: 1. Der väterlichen; 2. der des Sohnes, 3. der das „Hervorgehen“ kennzeichnenden.“ Also sind Eigenschaften und dementsprechende Begriffe zur Erkenntnis der göttlichen Personen unsererseits wohl zulässig.
b) Ich antworte, daß in diesem Punkte Praepositivus unter Rücksichtnahme auf die Einfachheit der Personen meinte, man dürfte keine Eigenschaften und dementsprechend gefaßte Begriffe für Veranschaulichung göttlicher Dinge gebrauchen; man müßte vielmehr, wo man sie fände, das „Abstrakte“ durch das „Konkrete“ erklären. So solle, wenn wir sagen: ich bitte deine Gütigleit; dies heißen: ich bitte dich, der du gut bist. Und ähnlich, wenn in göttlichen Dingen der Name „Vaterschaft“ gebraucht wird, so hieße dies nur: Gott Vater. Es ist jedoch schon oben (Kap. 3, Art. 3) gesagt worden, es sei der gottlichen Einfachheit durchaus nicht zuwider, daß wir uns bei Bezeichnung göttlicher Dinge sowohl abstrakter Namen bedienen als konkreter; denn wir geben Namen, je nach dem wir verstehen. Unsere Vernunft aber kann nicht erreichen die Einfachheit selber in Gott, soweit selbe in sich erkennbar ist. Deshalb faßt sie auf und giebt Namen gemäß ihrer Seinsweise, d. h. je nachdem die bezeichneten Dinge in den sinnlich wahrnehmbaren Dingen, von denen aus sie ihre Kenntnis empfängt, irgendwie, nach irgend welcher Ähnlichkeit sich vorfinden. In diesen sinnlich wahrnehmbaren Dingen nun gebrauchen wir „abstrakte“ Namen, um einfache Formen zu bezeichnen, die im Bereiche des Geschöpflichen an und für sich kein Für-sich-bestehen haben; wie: Weisheit, Vernünftigkeit u. dgl. Um aber für sich bestehende Dinge dementsprechend auszudrücken, gebrauchen wir „konkrete“ Namen; wie: der Weise, der Vernünftige. Deshalb bezeichnen wir das Göttliche, insofern es einfache Form ist, die an und für sich bei uns nicht für sich besteht (Kap. 13, Art. 1, und Kap. 3, Art. 3), mit „abstrakten“ Namen. Insofern aber diese selben einfachen Formen in Gott ein Für-sich-bestehen haben und dadurch dem wirklichen Sein nach vervollständigt sind, bezeichnen wir es mit „konkreten“ Namen. Ganz dasselbe aber hat nicht nur seinen guten Grund für die Bezeichnung dessen, was Gottes Wesen zukommt; sondern auch für die Bezeichnung, was den Personen eigen ist, so daß wir sagen: „Vaterschaft“, und mit gleichem Rechte nach einer anderen Seite „Vater“. Zu diesem letzteren Gebrauche den Personen gegenüber zwingen uns nun zwei Umstände: 1. Die Einwürfe der Häretiker. Denn wenn wir bekennen, daß Vater, Sohn und heiliger Geist ein Gott sei und drei Personen, so können wir gefragt werden, wodurch sie ein Gott seien und wodurch sie drei Personen seien. Wie wir nun auf die erste Frage mit einigen „abstrakten“ Namen antworten, z. B. durch die Wesenheit, durch die Gottheit; so müssen auch einige „abstrakte“ Namen vorhanden sein, durch welche die Personen voneinander unterschieden werden. Gerade derartige Namen aber dienen zur Bezeichnung der unterscheidenden Eigenheiten der Personen oder der dementsprechend zu leichterer Kenntnisnahme dienenden Begriffe in abstrakter Weise; wie „Vaterschaft“, „Sohnschaft“. Deshalb wird auf die Wesenheit in Gott hingewiesen durch die Frage „was“; auf die Person durch die Frage „wer“; auf die unterscheidende Eigenheit der Person durch die Frage „wodurch“. 2. Es findet sich in Gott eine Person, die auf die beiden anderen bezogen wird; nämlich die Person des Vaters auf die Person des Sohnes und des heiligen Geistes. Sie wird aber nicht bezogen kraft der gleichen Relation; denn in diesem Falle würde folgen, daß auch der Sohn und der heilige Geist kraft der einen und gleichen Relation auf den Vater bezogen werden. Und da nun allein die Relation die Grundlage ist für die Mehrzahl der Personen; so würden nur zwei Personen sein. Der Sohn und der heilige Geist würden eine Person bilden. Dabei kann nicht gesagt werden, daß nach der Meinung des Praepositivus, wie Gott nur in einer Weise zu den Kreaturen Beziehung hat, obgleich diese sich verschiedenermaßen zu Ihm verhalten, daß ebenso der Vater wohl nur eine Beziehung hätte zum Sohne und zum heiligen Geiste, während diese zwei Personen durch zwei Relationen zu Ihm bezogen würden. Denn der wesentliche und maßgebende Grund für die Beziehung besteht darin, daß etwas zu einem anderen im Verhältnisse steht. Und deshalb ist es notwendig zu sagen, daß zwei Beziehungen nicht voneinander wesentlich verschieden sind, wenn ihnen nur eine gegenüberstehende Beziehung entspricht. So ist eine andere Relation oder Beziehung dem Wesem nach die des Herrn; und eine andere die des Vaters. Denn Knechtschaft und Sohnschaft, die den genannten beiden gegenüberstehen, sind jedenfalls voneinander verschieden. Alle Kreaturen als solche aber, haben ihrem Wesen nach nur eine Beziehung zu Gott; nämlich insoweit sie Kreaturen sind. Der Sohn aber und der heilige Geist werden nicht in gleicher und einer Weise zum Vater bezogen. Sonach ist da keine Analogie vorhanden. Und wiederum noch von einer anderen Seite her: In Gott ist nicht dem wirklichen Sein nach eine Beziehung zu den Kreaturen, da Er nicht von ihnen abhängt, also kein thatsächliches Fundament für eine Wechselbeziehung besteht. Beziehungen aber, die allein in der Auffassung der Vernunft Sein haben, können nach Belieben in Gott vervielfältigt werden. Im Vater aber ist dem wirklichen Sein nach die Beziehung zum Sohne und die Beziehung zum heiligen Geiste. Sonach müssen gemäß den beiden Beziehungen des Sohnes und des heiligen Geistes, durch welche sie zum Vater bezogen werden, auch zwei Beziehungen im Vater sich vorfinden, durch welche Er bezogen wird zum Sohne und zum heiligen Geiste. Nun besteht aber nur eine konkrete Person des Vaters. Also war es notwendig, die Beziehungen oder Relationen zu bezeichnen, abgesehen von der konkreten Person; nämlich mit „abstrakten“ Namen, welche die Eigenheiten jeder Person und die entsprechenden Begriffe ausdrücken. CL.
c) I. In den göttlichen Personen, welche doch die Schrift erwähnt, liegen für das Verständnis die bekanntmachenden Begriffe, die Notionen, wie das Abstrakte im Konkreten seinen Grund hat, von dem es ja behufs leichteren Verständnisses losgelöst ist. II. Diese „Begriffe“ bezeichnen nicht unmittelbar in Gott etwas, als ob dieses „etwas“ immer ein eigenes Wirkliches wäre; sondern sie sind Eigenheiten, durch welche die Personen dem Verständnisse zugänglicher werden, trotzdem nur immer das eine wirkliche Sein in Gott diesen „Begriffen“ entspricht, entspricht dasselbe doch den Relationen selber desgleichen. Und deshalb kann, was Beziehung hat zu einer Thätigkeit, sei diese dem Wesen eigen oder der Person, nicht über das ausgesagt werden, was durch diese „Begriffe“ oder notiones ausgedrückt wird; denn das widerstrebt der eigentümlichen Weise, mit der sie bezeichnen. Sonach können wir nicht sagen: Die Vaterschaft zeugt oder erschafft, sei Weise oder verstehend. Was aber zum Wesen gehört und keine Beziehung zu irgend welcher Thätigkeit hat, sondern nur die kreatürlichen Verhältnisse von Gott entfernt, das kann von dem, was diesen abstrakten Namen zu Grunde liegt, ausgesagt werden; wie z. B. die „Vaterschaft“, ist ewig, unermeßlich u. dgl. Und ähnlicherweise kann auf Grund des immer ein und dasselbe bleibenden wirklichen Seins, auf Grund der Identität des göttlichen Seins, sowohl Wesentliches als Persönliches der Substanz nach von Gott ausgesagt werden; wie die „Vaterschaft“ ist Gott; die Gottheit ist Vater. III. Der dritte Einwurf ist in
b) widerlegt; unbeschadet der Einfachheit können „abstrakte“ Worte von den göttlichen Personen gelten; denn solche Worte sind nur zur Erleichterung unseres Verständnisses da.
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