Dritter Artikel. Solcher „Begriffe“ oder notiones sind fünf.
a) Dagegen spricht: I. Die eigentlichen bekanntmachenden „Begriffe“, welche von den Personen ausgesagt werden, sind die Beziehungen und Relationen, durch die sie sich voneinander unterscheiden. Solcher Relationen giebt es aber nur vier. Also giebt es auch nur vier „Notionen“. II. Weil in Gott nur ein Wesen ist, wird Er der eine Gott genannt. Weil in Gott drei Personen sind, wird Er dreieinig genannt. Sind also in Ihm „fünf Notionen“, so muß Er deshalb fünfeinig genannt werden, was unzulässig ist. III. Wenn fünf solcher der Erkenntnis dienenden Begriffe bestehen, so sind also in einer Person zwei oder mehrere derselben, wie im Vater: „das von Keinem sein“, die „Vaterschaft“, das „gemeinsame Hauchen“. Entweder nun unterscheiden sich diese Begriffe dem wirklichen Sein nach in dem, was sie bezeichnen; oder bloß in der Auffassung der Vernunft. Wird das erstere gesagt, so ist die Person des Vaters zusammengesetzt aus mehreren Wirklichkeiten; was unzukömmlich ist. Wird das zweite gesagt, so kann der eine solcher Begriffe oder „Notionen“ vom anderen ausgesagt werden; wie man sagen kann auf Grund des gemeinsamen wirklichen Seins: Die göttliche Güte ist die göttliche Weisheit. Also wird gesagt werden können: Die „Vaterschaft“ ist das gemeinsame „Hauchen“, was nicht zugegeben wird. Auf der anderen Seite scheinen mehr „Notionen“ als fünf zu sein. Denn: IV. Gleichwie der Vater von Keinem hervorgeht und dafür von Ihm der Begriff: „Von Keinem sein“, die Innascibilität, ausgesagt wird, so geht vom heiligen Geiste keine andere Person mehr aus. Also müßte dieserhalb von Ihm ein anderer besonderer „Begriff“ oder eine eigene entsprechende „Notion“ gelten. Sonach gäbe es also sechs. V. Wie dem Vater und dem Sohne es gemeinsam ist, daß sie den heiligen Geist „hauchen“; so ist es dem Sohne und dem heiligen Geiste gemeinsam, daß sie vom Vater ausgehen. Sowie also eine notio aufgestellt wird für das erstgenannte Gemeinsame, so müßte auch eine solche dem zweitgenannten Gemeinsamen entsprechen. Somit wären sieben.
b) Ich antworte, notio wird das genannt, was in der Vernunft den eigentlichen Grund bildet für die Kenntnis einer göttlichen Person. Die göttlichen Personen haben ihre Zahl nun gemäß ihrem Ursprünge. Zum Ursprünge aber gehört: von wem der andere ausgeht und wer von einem anderen ausgeht. Die Person des Vaters kann nicht dadurch erkannt werden, daß sie von einem anderen ist, sondern dadurch, daß sie von Keinem ist. Danach ist eine notio von ihr, d. h. ein sie bekannt machender, ihr eigens entsprechender Begriff: „Von Keinem sein“, die innascibilitas. Inwiefern aber ein anderer vom Vater ausgeht, dadurch wird die Person des Vaters in zweifacher Weise bekannt gemacht; nämlich dadurch, daß der Sohn von Ihm ausgeht: das ist die „Vaterschaft“; dann dadurch, daß der heilige Geist von Ihm ausgeht: das ist das „gemeinsame Hauchen“, oommunis spiratio. Der Sohn wird bekannt dadurch, daß Er von einem anderen ausgeht durch Zeugung: und so ist die „Sohnschaft“; — und dann dadurch, daß der heilige Geist von Ihm ausgeht: und so ist die schon genannte, mit dem Vater „gemeinsame Hauchung“. Der heilige Geist wird bekannt allein dadurch, daß Er „gehaucht wird“, also von den zwei anderen ausgeht; denn von Ihm geht keine Person aus: und so besteht hier das „Gehaucht-Werden“, die processio, als die bekanntmachende „Notion“. So gelten also von Gott fünf „bekanntmachende Begriffe“ oder 1. Das „von Keinem sein“; oder die innascibilitas. 2. Die „Vaterschaft“ oder paternitas. 3. Das „gemeinsame Hauchen“ oder spiratio communis. 4. Die „Sohnschaft“ oder die filiatio. 5. Das „Gehaucht-Werden“ oder processio. Da nun das „von Keinem sein“ oder die innascibilitas keine Relation ist, so giebt es vier Relationen in Gott: 1. Die „Vaterschaft“. 2. Das „gemeinsame Hauchen“. 3. Die „Sohnschaft“. 4.Das „Gehaucht-Werden“. Da nun das „gemeinsame Hauchen“, die communis Spiratio, keine Eigenschaft ist, welche die eine Person von der anderen unterschiede, denn sie ist Vater und Sohn gemeinsam; so giebt es in Gott vier Eigenschaften oder proprietates. 1. Das „von Keinem sein“; die innascibilitas. 2. Die „Vaterschaft“; die paternitas. 3. Die „Sohnschaft“; die filiatio. 4. Das „Gehaucht-Werden“, spiratio passiva oder processio. Von diesen vier Eigenschaften bilden aber nur drei persönliche Begriffe oder notiones personales) die da nicht nur notiones personarum sind, insoweit sie die Personen bekannt machen; sondern auch wirklich notiones personales, insoweit sie die Personen thatsächlich bilden: 1. Die „Vaterschaft“; 2. Die „Sohnschaft“; 3. Das „Gehaucht-Werden“. I. Warum noch eine fünfte „Notion“ sein muß, ist eben gesagt worden. II. Die Wesenheit in Gott wird bezeichnet als eine wirkliche Sache. Ebenso werden die Personen bezeichnet als etwas Wirkliches. Die „Notionen“ aber gelten nur dem Zwecke, die Personen in dem, was ihnen eignet, bekannt zu machen. Also kann wohl von dem einen Gott in Wirklichkeit die Rede sein und von den drei Personen. Ein wirklich einiger Gott kann gepriesen werden und ein in Wirklichkeit dreieiniger; nicht aber ein fünfeiniger. III. Der relative Gegensatz allein macht eine wirkliche Mehrheit in Gott. Also sind mehrere Eigenheiten ein und derselben Person nicht dem wirklichen Sein nach voneinander unterschieden. Sie werden trotzdem nicht gegenseitig voneinander ausgesagt, weil sie nur als verschiedene Weisen gleichsam gelten, die Person von mehreren Seiten her bekannt zu machen. So ist auch das der Macht Eigene nicht dasselbe wie das, was dem Wissen eigen ist; obgleich wir sagen, daß das Wissen in Gott dem wirklichen Sein nach zusammenfalle mit der Macht. IV. Person heißt Würde. Also wird dies nicht als etwas angesetzt, was die Person des heiligen Geistes bekannt macht, nämlich, daß keiner von Ihm ausgeht. Denn das bedeutet keine Würde; wie es Würde bedeutet, daß der Vater von Keinem ist. V. Der Sohn und der heilige Geist kommen nicht in der besonderen Weise überein, wie sie vom Vater ausgegangen. Wohl aber ist die besondere Weise, in welcher der heilige Geist vom Vater ausgeht, dieselbe wie die, in welcher Er vom Sohne ausgeht. Das Princip aber, was dazu dienen soll, etwas bekannt zu machen, muß vom Besonderen genommen sein. Also besteht keine Analogie.
