Dritter Artikel. Der Name „Person“ kommt den drei göttlichen Personen zu.
a) Dagegen spricht: I. Eine Stelle in Dionysius (prol. de div. nom. cap. 1.): „Es soll niemand wagen, etwas zu sagen oder zu denken von der übersubstantialen und verborgenen Gottheit außer dem, was von der Gottheit selber her für uns ist in den heiligen Schriften auseinandergesetzt worden.“ Der Name „Person“ aber steht nicht in der heiligen Schrift, weder im A. noch im N. T. Also darf man den Namen „Person“ nicht auf Göttliches anwenden. II. Boëtius sagt ähnlich (de duab. nat.): „Der Name Person scheint von jenen hergenommen zu sein, die in den Komödien oder Tragödien einige Rollen darzustellen hatten. Die Griechen aber nannten „Personen“ Masken πρóσωπα aus dem Grunde, daß sie vor das Gesicht gelegt wurden, um das Gesicht vor den Augen zu verhüllen.“ Das alles aber hat keine Beziehung auf Gott außer etwa im figürlichem Sinne. Also muß der Name „Person“ von Gott ferngehalten werden. III. Jede Person ist eine Hypostase. Hypostase aber zu sein, kann Gott nicht zukommen, da dieser Ausdruck nach Boëtius nichts Anderes bezeichnet als Träger von Eigenschaften oder Zuständen, von Accidentien zu sein, die zum Wesen von außen her hinzutreten. Da nun Gott keine solche Accidentien hat, so kommt Ihm auch der Name „Person“ nicht zu. Zudem sagt Hieronymus, daß „unter dem Worte „hypostasis“ Gift verborgen liegt unter Honig“. (ep. ad Dam.) IV. Wovon die Begriffsbestimmung nicht gilt, von dem gilt auch nicht das durch die Begriffsbestimmung Bezeichnete. Die Begriffsbestimmung der „Person“ aber scheint Gott aus zwei Gründen nicht zuzustehen: 1. weil mit der „Vernunft“ wesentlich das Schließen von einem auf das andere verbunden ist, was in Gott nicht statthat; somit kann bei Ihm von keiner in dieser Art „vernünftigen“ Natur die Rede sein; — 2. weil Gott nicht als einzeln für sich bestehende Substanz bezeichnet werden kann, insofern das Princip des Einzelseins der Stoff bildet; Gott aber stofflos dem Wesen nach ist. Auf der anderen Seite sagt das Athanasianische Symbolum: „Eine andere ist die Person des Vaters, eine andere die Person des Sohnes, eine andere die des heiligen Geistes.“
b) „Person“ bezeichnet, was im Bereiche aller Natur am vollkommensten ist; was nämlich für sich besteht in der vernünftigen Natur. Da also das Wesen Gottes alle Vollkommenheit in sich enthält, so kommt Gott der Name „Person“ zu; jedoch in unendlich vollkommenerer Weise wie der Kreatur; wie dies ja auch bei den anderen Namen der Fall ist. (Kap. 13, Art. 3.)
c) I. Allerdings findet sich weder im A. noch im N. T. der Name „Person“ auf Gott angewendet. Aber alles, was dieser Name bezeichne, findet sich in der Schrift über Gott ausgesagt: nämlich daß Gott im höchsten Grade Sein ist und im höchsten Grade vollkommen erkennend. Sollten aber über Gott nur jene Namen ausgesagt werden, die in der heiligen Schrift stehen, so dürfte man auch folgerichtig in kiner anderen Sprache reden als in jener, in welcher die heiligen Schriften abgefaßt sind. Dazu nun, daß man neue Namen erfand zur Bezeichnung der Alten Glaubenswahrheit, zwang die Notwendigkeit, mit den Häretikern zu disputieren. Und diese Neuheit ist nicht eine, welche vermieden werden soll; denn sie ist nicht gottlos, nämlich von dem Sinne der Schrift sich nicht entfernend. Nur aber gottlose Neuheiten bietet der Apostel zu vermeiden. (I. ad Tim. ult.) II. Der Name „Person“ kommt Gott nicht zu mit Rücksicht darauf, wovon er genommen ist; wohl aber mit Rücksiht darauf, was er bezeichnen soll. Weil nämlich in Komödien und Tragödien manche berühmte Männer dargestellt wurden, ist der Name „Person“ den Darstellern beigelegt worden, um zu bezeichnen, daß sie eine gewisse Würde hätten. Danach werden auch in der Kirche „personae“ (personatus) jene genannt, die eine kirchliche Würde besitzen. Und deshalb definieren manche die Person als „Hypostase, welche durch eine der Würde gehörende Eigentümlichkeit sich auszeichnet“. Weil nun es eine große Würde ist, in der vernünftigen Natur für sich zu bestehen, so wird jedes Einzelwesen, welches der vernünftigen Natur zugehört, Person genannt. Die Würde der göttlichen Natur überragt aber weit alle andere Würde und deshalb kommt Gott in hervorragendster Weise der Name „Person“ zu. III. Der Name „Hypostase“ kommt Gott ebenfalls nicht zu mit Rücksicht darauf, wovon er genommen worden, da Gott nicht Träger von Eigenschaften ist, die zu seinem Wesen von außenher hinzutreten. Er kommt Gott aber zu, mit Rücksicht darauf, was er bezeichnet; denn er bezeichnet „ein für sich bestehendes Sein“. Hieronymus hat Mißtrauen gegen diesen Namen, weil, ehe überall bei den Lateinern bekannt war, was er bezeichne, die Häretiker ihn zur Täuschung der einfachen Gläubigen benützten, als ob in Gott mehrere Substanzen wären; denn Substantia heißt wörtlich übertragen im Griechischen ὑπόστασις . IV. Die Vernunft ist bloß in der menschlichen Natur daran gebunden, vermittelst von Schließen des einen aus dem anderen vorzugehen; will sie etwas Anderes sich gegenwärtig halten. An sich bedeutet Vernunft eben nur eine geistig erkennende Natur. — Einzelwesen kommt Gott ebenfalls nicht zu, insoweit bei uns der Stoff das Princip des Einzelnen ist; wohl aber, weil mit dem Einzelwesen die Unfähigkeit verbunden ist, Anderem mitgeteilt zu werden und der Teil oder die Eigenschaften eines Anderen zu sein. Die Substanz gilt von Gott, weil Er für Sich besteht. Manche aber nehmen an, die obige Definition sei nicht eine, die Gott zukommt. Und deshalb hat Richardus a. S. Victore sie verbessern wollen und gesagt: „Person (soweit sie in Gott ist) sei die umnittelbare Existenz der göttlichen Natur.“ (4. de Trin. 18.)
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